Drogerie-König Werner Drogerie-König Werner: Milliardär stiftet
FRANKFURT (MAIN)/MZ. - Der Wanderprediger, der Gutmensch, der Ja-aber-Kapitalist. An Etikettierungen für Götz Werner mangelt es nicht. Anti-Aristokrat könnte man ihn auch nennen. Er hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass es in seinem Unternehmen "keine dynastischen Verhältnisse" gibt.
Das Unternehmen ist die Drogeriekette dm, die Konsequenz aus dieser Haltung: Er habe seine Unternehmensanteile "in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht", verriet Werner in einem Zeitungs-Interview. Wie die Konstruktion genau aussieht und um welche Stiftung es sich handelt, wusste am Montag auch die dm-Pressestelle nicht zu sagen. Bislang hielt der 66-Jährige gut 50 Prozent der Anteile. Immer wieder wurde spekuliert, sein ältester Sohn Christoph (Jahrgang 1973) würde eines Tages bei dm das Sagen haben. Daraus wird nichts. Schon seit zwei Jahren führt Erich Harsch die Geschäfte. Götz Werner wechselte damals in den Aufsichtsrat. Der Gründer und seine Familie ziehen sich aus dem Unternehmen zurück. Für viele Beobachter war das lange Zeit kaum vorstellbar.
"dm ist Werner, und Werner ist dm." So hat es einmal ein Unternehmensberater formuliert. Obwohl die von ihm gegründete Drogeriekette wuchs und wuchs, behielt Werner alle Fäden in der Hand. Der Erfolg des Unternehmens war sein Erfolg. Als "Solitär" unter den deutschen Unternehmern wird er bezeichnet - auch weil er seit Jahren hartnäckig und mit wenig Aussicht auf Erfolg für ein "bedingungsloses Grundeinkommen" wirbt. Gerade ist ein neues Buch dazu erschienen: "1 000 Euro für Jeden." Werner ließe sich auch als der Anthroposoph kategorisieren. Entsprechend baute er seit Anfang der 1990er Jahre sein Unternehmen um. Filialen bekamen mehr Eigenständigkeit, konnten nicht nur übers Sortiment und die Dienstpläne, sondern zum Teil auch über die Bezahlung entscheiden. Auszubildende schickte er in Theaterworkshops zwecks Persönlichkeitsbildung.
"Wir bei dm ticken anders, weil für uns Ertrag nicht das Ziel, sondern die Folge unserer Zusammenarbeit ist", so formulierte es Harsch während der jüngsten Halbjahrespressekonferenz. Was nicht heißt, dass dm-Beschäftigte den ganzen Tag in der Hängematte verbringen. Harsch referierte jüngst viel über das Einkommen, das der "persönlichen Qualifikation jeder Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters" gerecht werden muss. Der Tüchtige soll belohnt werden. Das passt zum Konzept des Menschenfreundes Werner, das von Ideen von Hermann Hesse, Joseph Beuys, Rudolf Steiner oder Erich Fromm beeinflusst, aber immer auch von Leistungsethik durchwirkt ist. Und so hat er jetzt auch im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung seine Entscheidung mit der Stiftung begründet: Seine sieben Kinder würden gefördert, "indem sie sich selbst beweisen müssen". Kinder hätten einen Anspruch auf einen guten Start ins Leben, aber nicht darauf, "dass die Eltern für den lebenslangen Wohlstand ihrer Nachkommen sorgen."
Dass Werner seine Nachfolgeregelung gerade jetzt publik macht, dürfte kein Zufall sein. Die Ankündigung von US-Milliardären, die Hälfte ihres Vermögens in Stiftungen zu stecken, hat Diskussionen über die gesellschaftliche Rolle von Reichen losgetreten.