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Deutsche Bahn AG Deutsche Bahn AG: Bundeskabinett nennt einen Umzug «nicht akzeptabel»

29.11.2005, 10:38

Berlin/dpa. - Wegen dieser Absage an gemeinsame Umzugsüberlegungen von Konzernchef Hartmut Mehdorn mit dem Senat der Elbestadt im Rahmen eines Gegengeschäfts handelte sich Berlin heftige Kritik aus Hamburg ein.

So drohte Bürgermeister Ole von Beust damit, auch den von derBundesregierung unterstützten Beteiligungserwerb zur Stärkung derBahn als Logistikanbieter platzen zu lassen. Die Bahn habe Hamburgein Paket angeboten, das auch nur als Paket verhandelbar sei, sagtevon Beust. Ohne den Umzug des Vorstandes sei auch der Verkauf vongroßen Teilen der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und derHamburger Hochbahn AG (HHA) hinfällig. Es sei nicht ausreichend, wennnur die Leitung der Logistik-Sparte der Bahn nach Hamburg komme. VonBeust warnte die Regierung dabei vor einem Rückfall in staatlichenInterventionismus. Die Berliner Regierung müsse hierbei ihren erstenwirtschaftspolitischen Testfall bestehen.

Die DB teilte mit, sie wolle die Verhandlungen mit Hamburg auchnach dem Votum der Bundesregierung weiterführen. Am 7. Dezember solleder Aufsichtsrat über das Thema beraten. Die Kabinettsstellungnahmeunterstütze «den unternehmerischen Kurs der DB zur strategischenWeiterentwicklung». Der Bund ist noch Alleineigentümer und mitmehreren Ministern und Staatssekretären im Aufsichtsrat vertreten.

Die Grünen begrüßten die Ablehnung der Sitzverlagerung nachHamburg. Es sei gut, dass sich der Bund in dieser Frage von Mehdorn«nicht auf der Nase herumtanzen» lasse, so Verkehrsexperte WinfriedHermann. Der Eigentümer müsse sein Gemeinwohlinteresse durchsetzen.Generalsekretär Dirk Niebel warf der Bahn im Deutschlandradio Kulturvor, mit der von ihr gewollten Standortverlagerung Wettbewerbverhindern zu wollen.

Noch vor der Kabinettssitzung hatten Mehdorn und Tiefenseemitgeteilt, sämtliche Entscheidungen - auch die über die Verlagerungdes Konzernsitzes - sollten frühestens im April fallen. «Für dieBundesregierung ist entscheidend, dass noch keine Beschlüsse inAufsichtsrat und Unternehmen gefallen sind», betonte derVerkehrsminister. Wegen des durch den Umzug möglichen Verlusts vonetwa 1000 Arbeitsplätzen hatte Berlins Regierender BürgermeisterKlaus Wowereit (SPD) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einemTelefonat zum Eingreifen aufgefordert.

Die Bundesregierung bewertete die Beteiligungspläne im nationalenund internationalen Logistik-Interesse der Bahn als «sinnvoll», wieTiefensee und Regierungssprecher Ulrich Wilhelm betonten. Allerdingswird Mehdorn auch hierbei eng mit dem Bund zusammen arbeiten müssen.«Verabredet wurde eine enge Einbindung des Gesellschafters in denProzess», stellten Tiefensee und der Bahnchef in einer gemeinsamenErklärung zu ihrem ersten Informationsgespräch am Vorabend fest. DerMinister war erst Mitte der Woche informiert worden. BundeskanzlerinMerkel hatte Tiefensee daraufhin zu einem Bericht für dieseKabinettssitzung aufgefordert.

«Das Bundeskabinett ist sich nach eingehender Beratung darübereinig, dass aus strukturpolitischen Gründen ein solcher Umzug für dieBundesregierung nicht akzeptabel ist», erklärte Tiefensee. Dazugehörten die Stärkung der Hauptstadt und der Ostregionen durchUnternehmensansiedlung. Mehdorn habe ihm zugleich berichtet, dass2008/2009 der Mietvertrag der Zentrale im Bahn-Tower am PotsdamerPlatz auslaufe und schon von daher ein Beschluss für dieUnterbringung der Konzernzentrale getroffen werden muss. «Ich gehedavon aus, dass Berlin diese Chance nutzen wird und dem Unternehmenattraktive Unterbringungsmöglichkeiten anbieten kann.»

«Die Bundesregierung hat deutliches politisches Interesse amVerbleib der Konzernzentrale und des Sitzes der Bahn AG in Berlingeäußert», sagte der Berliner Regierungssprecher. Diebetriebswirtschaftlichen Argumente der Unternehmensleitung zu denmöglichen Folgen einer Beteiligung in Hamburg sollen in den nächstenMonaten in allen Gesprächen sorgfältig erörtert werden. AuchBundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sprach sich gegen dieVerlagerung der Bahn-Zentrale aus Berlin aus. Der Konzernsitz inBerlin habe auch etwas Symbolhaftes für die deutsche Einheit, sagteSteinbrück am Dienstag in Berlin. Zudem betonte er, dass sich die DBin einem «überschaubaren Zeitraum» für einen Börsengang formatiere.