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Demografischer Wandel Demografischer Wandel: Professor fordert Sterbehilfe für sächsische Kommunen

19.09.2016, 11:31
Harald Simons
Harald Simons Screenshot

Leipzig - Der Volkswirtschaftsprofessor Harald Simons von der HTWK Leipzig fordert Investitionen in die Infrastruktur ländlicher Regionen in Sachsen zu beschneiden und stattdessen „versteckte Perlen“ wie Döbeln, Borna oder Mittweida zu unterstützen. „Aufgrund der demografischen Situation ist es ökonomischer, den Landgemeinden würdevolle Sterbehilfe zu geben“, wie Simons gegenüber dem Nachrichtenportal mopo24 mitteilte. 

Die ländlichen Regionen würden hoffnungslos ausbluten, auch Unternehmen würden aus diesen Regionen in die sogenannten Schwarmstädte ziehen, wo sie qualifizierte Mitarbeiter vorfinden. „Der Wandel vollzieht sich rasanter als vorhergesehen“, meint Simons.

Geht es nach Simons, sollen die ländlichen Regionen - anstelle von neuen Schulen und Straßen - bei den Betriebskosten unterstützt werden. Anstelle neuer Stromleitungen sollten Dieselgeneratoren gekauft werden und statt eines flächendeckenden öffentlichen Nahverkehrs Taxigutscheine an die Bevölkerung verteilt werden. Aufgrund des demografischen Wandels sei es auch nicht möglich, in den ländlichen Regionen den gegenwärtigen Standard an medizinischer Versorgung und Pflege weiterhin bereitzustellen.

Auch Privateigentümer sollten keinen Rechtsanspruch mehr genießen, an die öffentliche Infrastruktur wie der Wasser- und Stromversorgung angebunden zu sein.

Größte Migrationsbewegung seit dem 2. Weltkrieg

Für seine Thesen erhält der Leipziger Wirtschaftswissenschaftler gegenwärtig viel Widerspruch von den Lokalpolitikern der betroffenen Regionen. Hintergrund ist die unter anderem von der Sächsischen Aufbaubank in Auftrag gegeben Studie „Schwarmverhalten in Sachsen“.

Simons konstatiert, dass immer mehr Einwohner Sachsen aus den ländlichen Regionen in die vier Schwarmstädte Leipzig, Dresden, Chemnitz und Freiberg ziehen, die allesamt positive Wachstumszahlen bei der Bevölkerungsentwicklung verzeichnen. Auch für einige mittelgroße Städte sieht Simons Perspektiven. Sogenannte „versteckte Perlen“ gewinnen Menschen vom Lande, verlieren aber an die Schwarmstädte Einwohner.

„Ein solch starkes und schnelles Wachstum von ausgewählten Städten in Deutschland hat es, abgesehen von der Flüchtlingswanderung zum Ende des Zweiten Weltkrieges, seit mehr als 100 Jahren nicht mehr gegeben“, meint Simons.

Verlierer sind mit der Ausnahme der Vororte um Leipzig und Dresden sämtliche Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern.  „Diese Gemeinden sterben nicht zukünftig aus, sie tun es heute schon!“ (mz)