Dalai Lama gegen Gewalt bei Fackellauf
Tokio/dpa. - Der Dalai Lama hat sich gegen Gewalt bei den Protesten während des olympischen Fackellaufs ausgesprochen. Bei einem Zwischenstopp in Tokio betonte er am Donnerstag vor Journalisten zugleich das Recht auf Meinungsfreiheit.
Niemand dürfe den Demonstranten den Mund verbieten, sagte das religiöse Oberhaupt der Tibeter. Auf seinem Weg in die USA drückte er aber erneut seine Unterstützung für Pekings Ausrichtung der Olympischen Spiele aus.
Die Chinesen als größtes Volk der Erde mit einer Jahrtausende alten Geschichte verdienten es, Gastgeber der Spiele zu sein, sagte der Dalai Lama. Zugleich forderte er eine unabhängige Untersuchung der jüngsten Unruhen in Tibet. Nach seinen Kenntnissen wurden Hunderte von Menschen getötet und Tausende inhaftiert. Es müsse zwischen Straftätern und solchen, die friedlich protestieren, klar unterschieden werden, verlangte der Dalai Lama. «Nicht gewaltsame Proteste dürfen nicht als Verbrechen angesehen werden», sagte er.
Auf die Frage, ob er im Falle einer Einladung die Olympischen Spiele besuchen würde, sagte er: «Wenn sich die Dinge verbessern und die chinesische Regierung beginnt, (die Lage) realistisch zu sehen, würde ich gerne die große Zeremonie genießen.» Der Dalai Lama war am Morgen auf dem Tokioter Flughafen Narita eingetroffen, von wo aus er noch am selben Tag in die USA weiterreisen wollte. China hatte im Vorfeld gegen den Zwischenstopp des Dalai Lama in Tokio protestiert.
Zu den Beziehungen mit der Regierung in Peking sagte er: «Ich bin sehr traurig, dass die chinesische Regierung mich nahezu dämonisiert. Ich bin doch nur ein Mensch.» Den Tibetern gehe es nicht um die Unabhängigkeit von China, erklärte er. Vielmehr verstehe man sich als ein Teil Chinas, aber Tibet müsse wahre Autonomie bekommen. Laut Medien will der Dalai Lama zwei Wochen in den USA bleiben und eine Rede in der US-Stadt Seattle halten. Politische Ziele habe seine Reise nicht, sagte der Dalai Lama vor dem Abflug in Tokio.
Zuvor hatte es beim Olympischen Fackellauf eine Art Katz- und Maus-Spiel gegeben Aus Angst vor massiven Demonstrationen gegen die Tibet-Politik der chinesischen Regierung wurde der Lauf mit der olympischen Flamme durch San Francisco am Mittwoch in letzter Minute komplett umgeleitet. Damit konnten Proteste wie in London und Paris verhindert werden; es gab nur drei Festnahmen wegen Handgreiflichkeiten. Frustrierte Demonstranten und Zuschauer warteten stundenlang vergeblich auf die Fackel.
Unterdessen gab das Polizeiministerium in Peking bekannt, dass zwei Terrorgruppen zerschlagen wurden, die Anschläge auf die Olympischen Spiele und Entführungen geplant hätten. Nach Angaben des Ministeriums vom Donnerstag wollten die Gruppen aus der muslimischen Region Xinjiang ausländische Athleten, Touristen und Journalisten verschleppen. Zudem hätten sie Selbstmordanschläge mit Sprengsätzen geplant. 45 Menschen seien festgenommen worden. In Xinjiang lebt das Turkvolk der Uiguren. Uigurische Exilgruppen beklagen kulturelle und religiöse Unterdrückung in China.