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Containerschifffahrt Containerschifffahrt: Regionalisierung sorgt für dunkle Wolken

Von Georg Ismar 19.08.2008, 05:21
Containerschiff (Foto: dpa)
Containerschiff (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Und hier gibt es auf einigen Strecken erhebliche Eintrübungen. So gabes nach zuvor zweistelligen Wachstumsraten auf der Asien-Europa-Routeim Juni nur noch ein Prozent Wachstum. Hohe Energiekosten und bis zu 30 Prozent mehr Heuer für die Besatzungen führen dazu, dass sich fürUnternehmen das Hin- und Herkarren der Stahlboxen weniger rechnet.Deshalb könnte laut Experten auf die Hochphase der Globalisierung nuneine Rückkehr zu mehr Regionalisierung folgen.

Es gebe durch die hohen Transportkosten noch keinen generellenTrend weg von der Globalisierung, sagt der Analyst der DeutschenBank, Eric Heymann. Aber in einzelnen Ländern und Branchen werde es«eine gewisse Rückfokussierung auf heimatnahe Produktionsstätten»geben. So entschied sich Tesla Motors in den USA, die Batterien fürein neues Elektroauto nicht mehr in China produzieren zu lassen,sondern im Heimatland. Ein Grund dafür seien die Transportkosten mitdem Schiff, sagt Manager Darryl Siry. Zwar machen diese oft nur einengeringen Teil der Gesamtkosten aus - bei einem von China nach Europaverschifften 100 Euro teuren DVD-Player sind es etwa 1,50 Euro. Aberin Zeiten geringerer Gewinnmargen wird der Druck auf die Reedergrößer.

«Trotz immer noch hoher Auslastungsraten verfallen sie derzeit inein Preisdumping», sagt ein Branchenkenner. Von 3000 Dollar inSpitzenzeiten sanken die Kosten für einen von Asien nach Europaverschifften Container auf etwa 1000 Dollar. Erstmals seit 2001verzeichnet der Transport der Boxen auf dieser Strecke einen Knick.Der zweitgrößte europäische Containerhafen in Hamburg hatte im erstenHalbjahr 2008 mit fünf Millionen Standardcontainern (TEU) «nur» nochein Wachstum von 3,8 Prozent verglichen mit dem Vorjahreshalbjahr.

Janet Porter vom Branchendienst Lloyds List schreibt, dass 2008 zueinem der folgenreichsten Jahre für die Containerschifffahrt werdenkönnte. Die positiven Erwartungen zu Beginn des Jahres seienfortgespült worden, die Frachtraten gerieten unter Druck. WeiteresIndiz für die Abkühlung sind die niedrigen Gebote für die zum Verkaufstehende TUI-Tochter, die Hapag Lloyd-Reederei. Die beiden BieterNOL aus Singapur und ein Hamburger Konsortium sollen Gebote abgegebenhaben, die unter dem Buchwert von 3,5 Milliarden Euro liegen.

Zum Problem könnte werden, dass in Zeiten des Booms viele neueSchiffe geordert wurden und nun Überkapazitäten drohen. «Die in denAuftragsbüchern stehenden Schiffe machen 60 Prozent der existierendenweltweiten Schiffsflottenkapazität aus, inklusive 160 Schiffen mitPlatz für je mehr als 12 000 Standard-Container (TEU)», berichtetePorter. Um im Preiskampf mithalten zu können, fahren jetzt schonimmer mehr Schiffe um bis zu ein Fünftel langsamer.

Das traditionelle Sommerloch vor der Verschiffung der Waren fürdie Weihnachtszeit falle dieses Jahr um einiges stärker aus, sagt derGeschäftsführende Gesellschafter des Hamburger Emissionshauses König& Cie., Jens Mahnke. Mit der zunehmenden Nachfrage in Asien nachQualitätsprodukten aus der EU und den USA gebe es dort aber neuesFrachtpotenzial.

Rod Riseborough, Präsident der Far Eastern Freight Conference(FEFC) - ein Reeder-Zusammenschluss, der den Großteil des Asien-Verkehrs abdeckt -, warnt davor, von einer Krise zu reden. «Wirhatten im Asien-Europa-Verkehr 2007 etwa 19 Prozent Wachstum undbisher in 2008 insgesamt rund 5 Prozent Wachstum. Das ist immer nocheine erhebliche Anzahl an Containern.»

Bei Hamburg Süd, die im Südamerika-Verkehr führend sind, wird voneiner «leichten Abschwächung» gesprochen. «Aber wir sind nicht inPanik.» Ein Branchenexperte verweist darauf, dass auch im Landverkehrdie Kosten steigen. 400 Kilometer auf dem Land seien heute so teuerwie 20 000 Kilometer Seetransport. «Die Containerschifffahrt ist einäußerst volatiler Markt mit zuletzt überproportional hohem Wachstum.»Das normalisiere sich nun.

Dennoch verdichten sich Anzeichen, dass die Globalisierung bei denaktuellen Transportkonditionen künftig regionaler ausfallen könnteund kürzere Transportwege angestrebt werden. «Wenn die Preise aufdiesem Niveau bleiben, kann dies zu signifikanten Neujustierungen inder Produktion in bestimmten Sektoren und Ländern führen», tat auchder renommierte Ökonom C. Fred Bergsten in der «New York Times» kund.Statt wie bisher Holz zur Möbelproduktion nach China zu schicken unddie Fertigware dann retour, erlebten US-Möbelfabriken eineRenaissance.