Bundesregierung spricht mit GM - Hoffnung
Berlin/Detroit/dpa. - Erstmals nach dem geplatzten Opel-Verkauf an Magna haben sich Bundesregierung und General Motors (GM) wieder an einen Tisch gesetzt. GM-Vize John Smith hielt sich am Mittwoch zu Gesprächen auf Arbeitsebene in Berlin auf.
Smith habe um das Gespräch gebeten, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Ein Treffen mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) war nicht vorgesehen. GM versucht nach der überraschenden Kehrtwende im Opel- Poker derzeit, die Wogen zu glätten und die Verstimmung in der Regierung und bei den Opel-Mitarbeitern zu beheben.
Der US-Autobauer will seine deutsche Tochter Opel selbst sanieren und dafür bei den Regierungen der Länder mit Opel-Standorten um Unterstützung werben. GM hatte den Finanzbedarf für die Rettung auf drei Milliarden Euro beziffert. Der Konzern will womöglich noch vor Jahresende auch mit der Abzahlung seiner Schulden an die US-Regierung beginnen.
Die Bundesregierung wartet darauf, dass GM ein verlässliches Sanierungskonzept für Opel vorlegt. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte am Mittwoch in Brüssel, GM wolle den neuen Businessplan schon in Kürze den Regierungen vorzustellen. Brüderle warf dem Management des US-Konzerns unterdessen vor, Entscheidungen viel zu lange verzögert zu haben. Dabei sei viel Geld verbrannt worden: «Der Ball liegt jetzt bei General Motors und nicht in Berlin.»
Details über die von GM geplanten Stellenstreichungen in Deutschland sollen erst in einigen Wochen vorliegen, wie GM-Chef Fritz Henderson am Dienstag erklärt hatte: «Zuerst müssen wir uns mit den Betriebsräten auf einen Restrukturierungsplan einigen.» Der Autobauer will rund 10 000 der 50 000 Stellen in Europa streichen und die Fixkosten um 30 Prozent senken.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) forderte rasch eine Zukunftsperspektive für Opel. «Es wäre ein gutes Zeichen, wenn es bis Weihnachten eine Lösung gäbe», sagte er am Mittwoch und machte sein Misstrauen gegenüber GM deutlich: «Ich will das aber schriftlich haben.» Rüttgers warf den GM-Managern vor, «über Monate hinweg Menschen zu Geiseln» ihrer Unternehmenspolitik gemacht zu haben und am Ende auch noch wortbrüchig geworden zu sein.
GM-Chef Henderson entschuldigte sich am Dienstagabend in Fernsehinterviews für die Vorgehensweise in der vergangenen Woche, als GM überraschend den Opel-Verkauf an Magna absagte. Er zog auch die Drohung des Konzerns zurück, Opel in die Insolvenz zu schicken, wenn die Beschäftigten nicht zu Zugeständnissen bereit seien. «Eine Insolvenz ist nicht notwendig und auch nicht wahrscheinlich», sagte Henderson der ARD.
Der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel sagte der dpa am Mittwoch, er halte den Verkauf von Opel-Modellen in Russland, Asien und sogar den USA für möglich. Dass Henderson Opel als starke Regionalmarke ansehe, bezeichnete er als positiv. Damit bleibe Opel in Europa bestehen. «Wir kennen Planspiele, Opel in Europa durch Chevrolet zu ersetzen», sagte Einenkel.
Opel sei in Russland beliebt und könne auch im asiatischen Markt punkten. Da General Motors in den USA keine kleinen Autos wie den Corsa, Astra oder Zafira anbiete, ließen sich solche Modelle auch dort verkaufen. «Das kann GM unter einer eigenen Marke anbieten, weil Opel in den USA nicht bekannt ist», sagte Einenkel. Henderson hatte am Dienstag gesagt: «Opel ist eine Regionalmarke, eine starke europäische Marke. Ich sehe nicht, dass sich das ändert.» Er sei aber offen für Ideen, wie Opel andernorts erfolgreich sein könne.
Die europäischen Opel-Händler sagten GM am Mittwoch ihre volle Unterstützung bei der Opel-Sanierung zu. Geld wollen sie nach dem geplatzten Verkauf an Magna aber nicht mehr bereitstellen, sagte ein Sprecher des Händlerverbands Euroda am Mittwoch im niederländischen Assen. Bei einem Gespräch in Rüsselsheim habe Henderson Opel mehr Eigenständigkeit versprochen.
GM-Verwaltungsratschef Edward Whitacre sieht GM unter Druck, die Milliardenkredite so schnell wie möglich zurückzuzahlen. Der größte US-Autobauer steht beim amerikanischen Staat mit 6,7 Milliarden Dollar an direkten Krediten in der Kreide. Insgesamt bekam der Hersteller aber Hilfen von 50 Milliarden Dollar, für den Großteil erhielt der Staat im Gegenzug Anteile an GM.
Whitacre verteidigte bei einer Rede in Texas die Entscheidung von GM, das Europa-Geschäft rund um die deutsche Tochter Opel doch komplett zu behalten. «Wie kann man ein global player sein, ohne weltweit tätig zu sein?» Wann GM wieder Geld verdienen wird, wollte Whitacre nicht sagen: «Ich sehe das kommen, kann aber kein genaues Datum versprechen.» Noch im November will GM Eckdaten zur finanziellen Lage bekanntgeben.