Bundespräsident Bundespräsident: Zitate aus Horst Köhlers «Berliner Rede»
Berlin/dpa. - «Wir hören von Schulen, in denen Gleichgültigkeit, Disziplinlosigkeit, ja Gewalt den Alltag bestimmen. Auch dadurch verliert unser Land intellektuell und sozial jedes Jahr einen Teil seiner jungen Generation.»
«Ein Kind aus einer Facharbeiterfamilie hat im Vergleich zu dem Kind eines Akademikerpaares nur ein Viertel der Chancen, aufs Gymnasium zu kommen. Die Ursachen dafür mögen vielschichtig sein; der Befund ist beschämend. Bildungschancen sind Lebenschancen. Sie dürfen nicht von der Herkunft abhängen.»
«(...) deutsche Schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen bringen immer noch Spitzenleistungen hervor. Aber mit "immer noch" dürfen wir uns nicht länger zufrieden geben.»
«Demokratie ist auf Bildung angewiesen. (...) Wo die Staatsgewalt vom Volk ausgeht, da kann es nicht gleichgültig sein, in welcher geistigen Verfassung sich das Volk befindet. Und: Wer Populisten, Extremisten und religiösen Fanatikern widerstehen soll, braucht dafür Bildung.»
«Der globale Wettbewerb ist längst ein Wettbewerb der Bildungssysteme. (...) In der Welt von heute ist es nicht gleichgültig, ob ein Land seinen Bedarf an Facharbeitern, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern selbst heranbilden kann - oder ob es in diesen Schlüsseldisziplinen auf Zuwanderung von außen hoffen muss.»
«Integration fordert beide Seiten. Unsere Gesellschaft muss Zuwanderern gute Bildungschancen bieten, und die Zuwanderer müssen sich im Klaren darüber sein, was auf ihrer Seite den Bildungserfolg fördert. (...) Eltern hier in Deutschland, die ihren Kindern im Leben Erfolg wünschen, sprechen mit ihnen Deutsch - nicht unbedingt nur Deutsch allein, aber jedenfalls auch Deutsch. Und Eltern, die selber noch nicht Deutsch können, die lernen es - aus eigenem Interesse und um ihrer Kinder willen.»
«Bildung beginnt in der Familie. (...) Deshalb ist es so wichtig, dass Eltern alles tun, um ihren Kindern das richtige Rüstzeug für ein erfülltes Leben mitzugeben. Zu diesem Rüstzeug gehören auch die elementaren Regeln des zwischenmenschlichen Umgangs: Respekt, Rücksichtnahme, Manieren, das Wissen um Rechte und Pflichten. Wir sollten der Neugier der Kinder Raum geben; Kinder sollten aber auch Grenzen kennen lernen. Auch das Wort "Nein" gehört zur Erziehung. Dafür braucht es kein Lehrbuch.»
«Es ist gut, dass wir auch die frühen Jahre der Kindheit als "Lernzeit" entdecken. (...) Wer früh erfährt, wie spannend es ist, immer wieder Neues zu lernen, dem wird es leichter fallen, offen und neugierig zu bleiben - ein Leben lang. (...) Ich bin für ein verpflichtendes und möglichst kostenfreies letztes Kindergartenjahr. Und ich bin für verpflichtende Sprachprüfungen vor dem Schuleintritt.»
«(...) ein Schulfach liegt mir am Herzen: der Religionsunterricht. Er bietet jungen Menschen Antworten auf ihre Sinnfragen. (...) Ich finde es wichtig, dass auch in der Schule die Frage nach Gott gestellt wird. Deshalb halte ich den Religionsunterricht für unverzichtbar. (...) Ich halte es für überfällig, dass in unseren Schulen den Kindern muslimischen Glaubens von gut ausgebildeten Lehrern und in deutscher Sprache Islamunterricht angeboten wird.»
«Der Lehrerberuf verlangt solides Fachwissen - er verlangt aber auch Liebe zu Kindern und die Überzeugung, dass in jedem einzelnen Schüler etwas Besonderes steckt. (...) Engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die nicht aufgeben, die darauf brennen, jungen Menschen etwas beizubringen - das sind für mich Helden des Alltags.»
«Wenn es um Bildung geht, muss auch über Geld gesprochen werden. (...) Für kurzsichtig halte ich die Vorstellung, man könnte sinkende Schülerzahlen zum Anlass nehmen, um die Ausgaben für Schule und Bildungswesen zu kürzen. Der demographische Wandel muss für die Schule, für das Bildungswesen, als zusätzliche Chance genutzt werden.»
«Bildung für alle - das gelingt am besten, wenn sich alle dafür einsetzen, wenn wir alle uns bewegen. Was hindert uns? Auf geht's!»