Bachelor und Master Bachelor und Master: Hochschulen und Firmen hadern mit Turbo-Studium

berlin/MZ. - Der Studentische Dachverband fzs schimpft gern über den Bologna-Prozess. Und so verliert die bundesweite, links orientierte Studierendenvertretung auch zum Zehnjährigen kein gutes Wort über die umfassendste Hochschulreform in Deutschland und Europa: "Zehn Jahre Bologna? Das klingt nach Pasta, ist aber Käse", spottet fzs-Vorstand Erik Marquardt. Man habe die neuen Studiengänge mit einer kräftigen Prise Ellbogenmentalität gewürzt und dann als innovative Lehrkonzepte verkauft. Guten Appetit!
Reform hat Ziele verfehlt
Genauso kritisch fällt die Bilanz derjenigen aus, die den Bologna-Prozess bei steigenden Studierendenzahlen und knappen öffentlichen Kassen schultern müssen. Vor zehn Jahren, am 15. August 2002, trat in Deutschland eine Änderung des Hochschulrahmengesetzes in Kraft. Damit wurden Bachelor und Master regulär eingeführt. Nun mäkeln die Hochschulchefs über unausgegorene Bachelor- und Masterkonzepte, die sie jedoch selbst umgesetzt haben.
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung äußerte sich der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, deutlich kritischer als seine Vorgängerin Margret Wintermantel: Die Reform habe wichtige Ziele verfehlt, nämlich die Internationalisierung und die Etablierung des Bachelors als überzeugenden berufsqualifizierenden Abschluss, sagte Hippler. Dem Chef des Karlsruher Instituts für Technologie passt auch die Richtung nicht, die mit der Bologna-Reform eingeschlagen wurde. Er kritisierte den Ansatz, Studenten immer schneller zum Abschluss zu führen: "Die Unternehmen brauchen Persönlichkeiten, nicht nur Absolventen."
Hippler befindet sich in guter Gesellschaft. Seitdem Bachelor und Master im Jahre 2002 an den Start gingen, bricht die Kritik an der unzureichenden Internationalisierung der Studiengänge nicht ab. Beklagt werden die Abkehr vom Humboldt'schen Ideal der ganzheitlichen Bildung wie auch konkrete Fehler im Bologna-System.
Anerkennung seitens der Regierung
Beispiel Auslandsstudium: Zwar steigt die Zahl der deutschen Studierenden, die ein oder zwei Semester im Ausland verbringen. Doch die gewünschte Internationalisierung hält mit den Erwartungen nicht Schritt. Viele Studierende verzichten auf ein Jahr in Paris oder London, weil sie befürchten, dass ihre im Ausland erbrachten Leistungen nicht anerkannt werden - auch wenn die Sorge nicht immer berechtigt ist. Doch zum Geburtstag der Reform gibt es auch Anerkennung. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) lobte den Bologna-Prozess als europäische Erfolgsgeschichte. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnt davor, die Reform schlechtzureden. Und selbst Erik Marquardt vom fzs ringt sich ein kleines, vergiftetes Lob ab: "Die Hochschulen haben sich immerhin ein paar Gedanken über die harten Prüfungsphasen gemacht. Aber letztlich ist die Reform ein Sparmodell geblieben, um viele Studenten möglichst schnell durch die Hochschulen zu schleusen."