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Arcandor-Chef: Quelle-Karstadt in schwerer Lage

19.04.2009, 13:55

Essen/Berlin/dpa. - Der angeschlagene Handels- und Touristikkonzern Arcandor (Karstadt, Thomas Cook) will sich mit einem strikten Sanierungspaket aus der Krise manövrieren. Dabei stehen Standorte zur Disposition, aber es werden auch Stellenstreichungen nicht ausgeschlossen.

In einem Interview mit der «Bild am Sonntag» sprach Vorstandschef Karl-Gerhard Eick von einer «schweren Lage», in der sich der Konzern befinde. «Es geht nicht nur um die bisherigen Kredite, wir brauchen auch zusätzliche Finanzmittel», sagte er der Zeitung. Die Details des Konsolidierungsprogramms will Eick am Sonntag dem Aufsichtsrat vorstellen.

Er machte deutlich, dass auch die Häuser der Premiumgruppe - das KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg und der Oberpollinger in München - zur Disposition stehen. «Unser Konzept zielt auf die profilierte Mitte der Gesellschaft. In dem Zusammenhang ist natürlich zu entscheiden, wie die Premiumhäuser in Berlin, Hamburg und München zur neuen Struktur passen.» Ein Konzern-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: «Wir werden die Öffentlichkeit zeitnah informieren.»

In der «Bild am Sonntag» schilderte Eick die Grundzüge seines Sanierungsprogramms. «Gerade bei Quelle und Karstadt müssen wir prüfen, wo wir Geld verdienen und wo nicht. In Einzelfällen werden wir Standorte abgeben, zum Beispiel für eine Center-Entwicklung. Strategisch machen wir uns Gedanken darüber, welche Kunden wir mit welchem Sortiment ansprechen wollen.»

Eine Bestandsgarantie für die 52 000 Arbeitsplätze von Karstadt und Quelle wollte Eick nicht abgeben. «Ich kann auch nicht ausschließen, dass wir Mitarbeiter verlieren werden - so wenig wie möglich.» Die Schwierigkeiten von Arcandor führte er auf folgende Kernprobleme zurück: «Mitte Juni müssen Kredite in Höhe von 650 Millionen Euro refinanziert werden. Wir müssen die Kernprobleme des Unternehmens angehen: die mangelnde Profitabilität und den negativen Cash-Flow. Zu Deutsch: Es kommt weniger Geld rein, als rausgeht.»

Ferner räumte Eick ein, dass Arcandor auf staatliche Hilfe angewiesen sein könnte. «Arcandor befindet sich in einer Dreifach- Krise: Wir haben Probleme aus der Vergangenheit - über die habe ich gesprochen -, wir haben die Wirtschaftskrise, die auf die Umsätze drückt, und wir haben die Finanzkrise, die die Begeisterung aller Kapitalgeber für zusätzliche Engagements dämpft. Deshalb wäre es fahrlässig, für unseren Konzern Unterstützung durch die öffentliche Hand von vorneweg auszuschließen.»

Nach einem Bericht der Wirtschaftszeitung «Euro am Sonntag», die sich auf Bankenkreise beruft, geht es neben der Verlängerung des laufenden Kreditprogramms von 650 Millionen Euro um zusätzliche Kredite von bis zu 800 Millionen Euro und eine Kapitalerhöhung. Die Restrukturierungspläne seien diese Woche mit den wichtigsten Kreditgebern besprochen worden. Um die Banken zum Mitmachen zu bewegen, würden Hauptaktionäre wie das Bankhaus Oppenheim und die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz eine namhafte Kapitalerhöhung zeichnen. Zu den in der «Euro am Sonntag» genannten Maßnahmen wollte sich der Konzernsprecher nicht äußern.

Der Arcandor-Konzern besteht aus den Bereichen Touristik (Thomas Cook), Versand (Primondo) und Warenhaus (Karstadt). Einziger Ergebnisbringer ist derzeit die Touristik, während die Warenhäuser und auch der Versand besonders unter der anhaltenden Konsumflaute zu leiden haben.