Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt: Bauingenieure heiß umworben
Halle (Saale)/MZ. - Sachsen-Anhalt gehen die Bauingenieure aus. Der Bauindustrieverband warnt bereits davor, dass die Ingenieurlücke die Baukonjunktur bedroht. "Der erhebliche Mangel an Spezialisten führt dazu, dass einzelne Firmen nicht alle Aufträge wie geplant abarbeiten können", sagte Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Sachsen-Anhalt, der MZ.
Einsatz von Personalvermittlern
Um Aufträge anzunehmen, werben laut Momberg einzelne Unternehmen auch zunehmend qualifizierte Arbeitskräfte von anderen Betrieben ab. "Gerade größere Firmen setzen dazu auch Headhunter ein", sagt Momberg. Headhunter sind Personalvermittler, die passendes Personal an Arbeitgeber vermitteln und dafür üblicherweise vom Arbeitgeber eine Provision erhalten. Vor allem Manager werden in zahlreichen über Headhunter gesucht.
Wie rar Bauingenieure im Land bereits sind, belegt nach Worten von Momberg die Statistik. Im Juli 2011 waren bei der Agentur für Arbeit 167 arbeitslose Bauingenieure im Land registriert. Im Vergleichsmonat 2005, also auf dem Höhepunkt der letzten Baurezession, waren es knapp 1 000. Nach Schätzungen des Verbandes gab es allerdings im Land rund 400 neu zu besetzende Stellen. "Die Jobaussichten für Bauingenieure sind glänzend", so Momberg.
Die Unternehmen bestätigen diese Einschätzung: Es werde immer härter, die Aufträge in gewohnter Termintreue und Qualität abzuliefern, bestätigt Bernd Busse, Geschäftsführer der Busse Bau GmbH Magdeburg. Besonders im dritten Quartal diesen Jahres sei die Auftragslage "sehr günstig" und man habe dringend Leute gesucht, aber Angebot und Ausbeute bei der Fachkräftesuche seien nicht sehr üppig ausgefallen. "Es ist, als ob zwei Seelen in meiner Brust schlügen - die Situation ist momentan gut, aber auch kritisch."
Viele Fachleute gehen in Rente
Marcus Fritsch von der Eurovia VBU GmbH in Leipzig bringt das Dilemma auf den Punkt: "Der Markt hat sich geändert. Früher gab es Arbeitsuchende, aber man konnte sie nicht einstellen. Heute kommen die Aufträge, aber man findet keine Leute." Besonders erfahrene Kräfte seien schwer zu bekommen. "Bei Absolventen haben wir nicht das Problem, da gibt es bei Eurovia auch ein sehr gutes Traineeprogramm", so Fritsch. Aber man müsse sich in großen Projekten auch auf Leute mit Erfahrung verlassen können und kann sich nicht "nur mit jungen Dynamischen" umgeben.
Der Bauindustrieverband rechnet damit, dass sich die Lage in den kommenden Jahren noch verschärfen wird. Hauptgeschäftsführer Momberg verweist auf eine verbandseigene Studie. Während vor fünf Jahren ein Drittel der Bauingenieure im Land älter als 50 Jahre war, ist es heute fast jeder zweite. Rund ein Viertel der erwerbstätigen Bauingenieure im Bundesland ist derzeit sogar älter als 60 Jahre. "Durch die Absolventen, die in den nächsten Jahren die Universitäten und Fachhochschulen verlassen, lässt sich die Lücke kaum schließen", so Momberg.
Im Baugewerbe in Sachsen-Anhalt arbeiten insgesamt rund 30 000 Menschen. Der Anteil des Baugewerbes an der Gesamtwirtschaft liegt bei etwa sechs Prozent - bundesweit sind es drei bis vier Prozent. Experten erwarten, dass die Branche in Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahren noch etwas schrumpft.