500 Jahre Universität Halle 500 Jahre Universität Halle: Am Anfang war alles weiß
Halle/MZ. - Eine Hochschule und zwei Städte: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Grundsätzlich keine ungewöhnliche Konstruktion in Deutschland. Doch dass eine Universitätim Laufe von nur acht Jahren um zwei Jahrhunderte altert - 1994 wurde das 300-jährige Bestehen gefeiert und in diesem Jahr ist 500. Gründungsjubiläum -, diese Rechnung, bei Festreden gern vorgetragen, sorgt dann doch für Aufmerksamkeit. Der Grund: Die Universität hat zwei Wurzeln. Die Dopplung im Namen deutet es an.
Die Gründungsfeiern in diesem Jahr beziehen sich auf den Wittenberger Ursprung. 18. Oktober 1502 lautet das Datum auf der Gründungsurkunde der Universität Wittenberg, im gelehrten Latein Alma mater Vitebergensis genannt. FriedrichIII., mit Beinamen der Weise, ließ sie als sächsische Landesuniversität gründen. Zwar gab es zu diesem Zeitpunkt bereits die Universität in Leipzig. Doch nach einer Erbteilung der sächsischen Ländereien stand diese im Hoheitsgebiet der Albertiner, während Wittenberg auf kursächsischem Gebiet lag. Hier hatten die Wettiner das Sagen und hier gab es bis zur Gründung der Uni Wittenbergeben keine landeseigene Hochschule.
Die Neugründung erhielt den Namen Leucorea, was aus dem Lateinischen übersetzt "Die Weiße" bedeutet. Ein "weißer Berg", so eine alte Ortsbezeichnung, einst am Rande Wittenbergs gelegen, war dafür ausschlaggebend. Hinzukam, dass die Farbe Weiß nicht nur für Reinheit, sondern auch für Wissenserwerb und Bildung stand.
Die Wittenberger Alma mater war die erste deutsche Hochschulgründung der beginnenden Neuzeit. Die Zustimmung Kaiser Maximilian I. war dem sächsischen Kurfürsten bei seinen Plänen sicher. Nur die Unterschrift von PapstJulius II. ließ auf sich warten. Schließlich gründete Friedrich der Weise seine Universität ohne Segen aus Rom. Der traf erst ein Jahr später ein.
Erster Rektor wurde Martin Pollich von Mellerstadt,Mediziner und Leibarzt des Kurfürsten. Doch andere Professoren sorgten reichlich ein Jahrzehnt später dafür, dass der Name Leucorea weit über die kursächsischen Landesgrenzen hinaus hallte. Vor allem durch das Wirken Martin Luthers, der 1517 in Wittenberg bekanntlich95 Thesen zum Ablasshandel veröffentlichte, wurde die Universität zum Ausgangspunkt der Reformation. Selbst 1512 zum Theologen an der Leucorea promoviert, wirkte der großeReformator mit Unterbrechungen bis 1545 in der Alma mater Vitebergensis. Männer wie Johannes Bugenhagen, Justus Jonas und vor allem Philipp Melanchthon standen an seiner Seite.
Eine antischolastische, humanistische Grundeinstellungprägte bald Lehre und Forschung in Wittenberg. Und schnell stieg die Universität zu einer der besten und meistbesuchten deutschen Hochschulen auf. Waren bei der Eröffnung 1502 nur 416 Studenten immatrikuliert, so wuchs ihre Zahl im Laufe des 16. Jahrhunderts auf insgesamt fast 44000 an, die höchste Studentenzahl im HeiligenRömischen Reich deutscher Nation.
Vor allem mit der Gründung der Universität Halle im Jahr 1694 durch den preußischen Kurfürsten Friedrich III. ging die Bedeutung der Wittenberger Hochschule zurück. Denn schon früh zog der Geist der Aufklärung durch die hallesche Neugründung, die kluge Köpfe wie den Philosophen Christian Wolff, die Mediziner Friedrich Hoffmann und Georg Ernst Stahl und den aus Wittenberg berufenen Juristen Samuel Styck zu ihren Gründungsvätern zählt. Die Napoleonischen Kriege brachten das Aus für beide Universitäten, der Wiener Kongress und seine Folgen im Jahr 1817 die Wiedereröffnung, nun allerdings als vereinigte Universität. Der reguläre Lehrbetrieb fand fortan nur noch in Halle statt.
Und die Leucorea: Auch dieser Name spielt in der deutschen Wissenschaftslandschaft wieder eine Rolle, als Stiftung, deren thematische Sektionen eng mit der Forschung in Halle verbunden sind. 1992, aus Anlass des 175. Jahrestagesder Vereinigung beider Universitäten, kam es zur Wiederbelebung des traditionsreichen Wittenberger Hochschulstandortes.