14. Januar 14. Januar: CDU-Spitze bremst Roland Koch beim Jugendstrafrecht
Berlin/dpa. - «Es geht uns nicht um die Absenkung der Strafmündigkeit», sagte Pofalla am Montag nach einer Präsidiumssitzung in Berlin weiter. Die Parteispitze lehnte dies einhellig ab. Kritik an dem Vorstoß kam auch aus CSU, SPD und Opposition. Koch hält seine Äußerungen vom Wochenende für fehlinterpretiert. Die CDU stellte der SPD ein Ultimatum, um sich konkret zur Forderung nach einem schärferen Jugendstrafrecht zu äußern.
Die CDU-Spitze war sich nach Teilnehmerangaben einig, das Alter der Strafmündigkeit nicht herabzusetzen. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte vor der Sitzung: «Kinder sind Kinder, und da stellt sich die Frage vor allem nach den Eltern.» Koch sprach von einer Zuspitzung und zeigte sich überrascht. «Es klingt, als wollten wir Kinder ins Gefängnis stecken. Dem ist selbstverständlich nicht so», ließ er über die Wiesbadener Staatskanzlei verbreiten. «Allerdings müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir mit Jugendbanden umgehen.» Hier werde versucht, sich die Strafunmündigkeit von 12- und 13-Jährigen zunutze zu machen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich an diesem Dienstag in Berlin zu innen- und außenpolitischen Themen äußern. SPD-Chef Kurt Beck forderte die CDU-Chefin zum Eingreifen auf. «Kinder in Gefängnisse - das ist nicht Politik der Koalition», kritisierte er in Frankfurt/Main. Die CSU lehnte Kochs Vorschlag ab. «Dazu sind die Fälle zu vereinzelt», sagte Generalsekretärin Christine Haderthauer. Auch Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) äußerte sich zurückhaltend. Er halte es zwar für vernünftig zu prüfen, ob man die Strafmündigkeit herabsetze, weil es «eindeutig ein Problem» bei Kindern unter 14 Jahren gebe. Bayern wolle allerdings dafür sorgen, dass Kinder leichter in Heime gegeben werden könnten.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) stellte sich trotz der Absage grundsätzlich hinter Koch. «Es gibt hier ein Problem, über das gesprochen werden muss», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte: «Es war bisher Beschlusslage der Union, das Strafmündigkeitsalter bei 14 Jahren zu belassen, aber die Interventionsmöglichkeiten der Jugendämter und Familiengerichte auszubauen.» Pro Jahr würden 100 000 Kinder gezählt, die Straftaten begingen, aber dafür strafrechtlich nicht belangt werden könnten. Der Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk, sagte: «Wir brauchen nicht jeden Tag neue Vorschläge.»
Die CDU setzte dem Koalitionspartner am Montag eine Frist: Die Sozialdemokraten sollten spätestens bis 27. Januar deutlich machen, ob sie an einer gesetzlichen Verschärfung mitwirken. An diesem Tag werden in Hessen und Niedersachsen neue Landtage gewählt. Beck lehnte erneut eine Verschärfung der Rechtslage ab. Die SPD sei aber bereit, über die Anwendung zu reden, um eine schnelle Bestrafung zu erreichen. Er habe der Kanzlerin zudem einen «Integrationsgipfel» vorgeschlagen.
Koch hatte in der «Bild am Sonntag» gesagt: «Wir wollen keine Schnellschüsse, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es eine sehr aggressive Kriminalität einer sehr kleinen Gruppe von Menschen unter 14 Jahren gibt. (...) In Ausnahmefällen könnten Elemente des Jugendstrafrechts für diese Zielgruppe eingesetzt werden.»
Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger sagte dazu, in wenigen Ausnahmefällen halte er eine Anwendung des Jugendstrafrechts bei unter 14-Jährigen für denkbar. Koch betonte, zunächst stünden nun die Forderungen nach einem schärferen Jugendstrafrecht im Vordergrund. Die CDU-Spitze beschloss, zur Inneren Sicherheit eine Arbeitsgruppe unter anderem mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Koch und Bosbach einzusetzen - für Fragen, die keine Gesetzesänderungen betreffen.
FDP-Chef Guido Westerwelle warnte vor Haftstrafen für Kinder. «Man kann Zwölfjährige nicht wie Schwerkriminelle ins Gefängnis strecken.» Linke-Chef Oskar Lafontaine forderte stattdessen Sicherheitskräfte in U- und Straßenbahnen. Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer warf Koch «astreine NPD-Sprache» vor, weil Koch gesagt hatte, er lasse sich von türkischen Vertretern nicht den Mund verbieten.