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Zum Tod Max Schmelings Zum Tod Max Schmelings: Liebling der Berliner Gesellschaft

Von Hartmut Scherzer 07.02.2005, 19:34

Frankfurt (Main)/MZ. - Die gehobene Gesellschaft war schon in den Goldenen Zwanzigern dem jungen Boxer besonders zugetan und suchte seine Nähe. Der gut aussehende Sportler mit den anständigen Manieren wurde zum Liebling in den Berliner Salons. Eine Einladung des großen Kunsthändlers Alfred Flechtheim war das Entree für den gerade erst 22-Jährigen.

Es waren weniger die Reichen und Mächtigen, die Schmeling kennenlernte, sondern Künstler, Schauspieler, Showgirls, Schriftsteller, Journalisten, Gelehrte und Rennfahrer. In deren Kreis bewegte sich fortan der Held des Rings und lernte alle anderen Berühmtheiten jener Zeit kennen. Während der ersten Abende habe er "unbeholfen herumgestanden, höflich und befangen lächelnd", ist in seinen Memoiren nachzulesen. Doch das änderte sich. Der Faustkämpfer begann Klassiker zu lesen, besuchte Theaterpremieren, Filmuraufführungen und Kunstausstellungen, um mitreden zu können. Ins Gästebuch Flechtheims trug er sich mit einem ironischen Zweizeiler ein: "Künstler schenkt mir Eure Gunst / Boxen ist doch auch 'ne Kunst".

Schmeling brachte dem Schauspieler, Freund und späteren Regisseur Fritz Kortner Boxkniffe bei, auf dass er bei den Prügelszenen mit dem Hünen Hans Albers in dem Theaterstück "Rivalen" passabel aussähe. Er begegnete Bertolt Brecht, der mit der Dreigroschenoper das Theaterstück dieses Jahrzehnts geschaffen hatte. Dem berühmten Maler George Grosz und

den bekannten Bildhauern jener Zeit stand er Modell. Mit den Werken Picassos in Flechtheims Galerie konnte er nichts anfangen. "Max, sammeln! Nur sammeln und hinstellen! Sie werden es nicht bereuen", riet ihm der Kunstexperte. Schmeling kaufte nicht, obwohl er sich die Gemälde leicht hätte leisten können, musste aber nichts bereuen. Denn die Bilder, als sie Millionen wert waren, hätte er in seinem Haus in Pommern verloren.

In dem 1926 gedrehten Stummfilm "Ein Filmstar wird gesucht" spielte Schmeling einen naiven jungen Boxer, der in die Fänge einer "femme fatale", gespielt von Olga Tschechowa, gerät. "Liebe im Ring" wurde produziert, und Schmeling musste "ein armseliges Stück Poesie" singen: "Das Herz eines Boxers..."

Es war zwangsläufig, dass Max Schmeling im Filmmilieu auch die Liebe seines Lebens fand - Anny Ondra. Doch davon mehr in einer späteren Folge. Natürlich hat er in dieser Zeit auch regelmäßig geboxt, jeden Monat. Die sensationelle K. o.-Niederlage in der ersten Runde gegen Gipsy Daniels in der Frankfurter Festhalle führte Schmeling auf das Leben in der "neuen Welt" zurück. Mitunter habe er seine Regel gebrochen, spätestens gegen zehn Uhr abends zu Bett zu gehen. "Offenbar war ich nicht so konzentriert und aufmerksam wie sonst", übte er Selbstkritik. "Über diese glückliche Zeit fiel ein tiefer Schatten." Die Rede ist von dem Tod seiner vierzehnjährigen Schwester Edith. Schmeling hatte sich eine Harley-Davidson mit Beiwagen gekauft und mit seiner Mutter und seiner Schwester zu einem Ausflug unterwegs. Auf dem Schotter einer Baustelle verlor er die Gewalt über die schwere Maschine und stürzte. Edith war mit dem Hinterkopf auf einen Randstein geschlagen und starb.

Nächste Folge: Abenteuer Amerika