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Pflege in Sachsen-Anhalt Pflege in Sachsen-Anhalt: Wachsende Zahl von Demenzkranken

Von Christian Schafmeister 27.08.2015, 11:03

Halle (Saale) - Sachsen-Anhalts Bevölkerung wird immer älter, parallel steigt die Zahl der Pflegebedürftigen. Wie das Statistische Landesamt gestern mitteilte, waren 2013 bereits knapp 25 Prozent der Menschen älter als 65 - Tendenz steigend. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen von 73.000 (2003) auf 92 400 (2013) erhöht. Ein Drittel der Betroffenen - das entspricht 30.900 Menschen - ist an Demenz erkrankt, diese Zahl wurde jetzt erstmals statistisch erfasst. Auffällig dabei: Zwei Drittel der Erkrankten sind Frauen (66,2 Prozent).

„Demenz ist die klassische Alterskrankheit“, sagte Michael Reichelt, Präsident des Statistisches Landesamtes in Halle. „Und Sachsen-Anhalt wird mit diesem Thema künftig noch mehr zu tun haben als andere Bundesländer“, erklärte er unter Hinweis auf die älter werdende Bevölkerung.

Als Demenz bezeichnen Fachleute eine neurologische Erkrankung. Zu den Symptomen gehören Defizite im Kurzzeitgedächtnis, im Denkvermögen, in der Sprache und Motorik. Die Hirnleistungsschwäche kann verschiedene Gründe haben.

Als häufigste Ursache gilt die noch unheilbare Alzheimer-Krankheit. Betroffene verlieren innerhalb von Jahren geistige Fähigkeiten und verändern sich in ihrer Persönlichkeit, in ihren emotionalen und sozialen Fähigkeiten. Demenzerkrankungen führen in der Regel zu Hilflosigkeit und schwerster Bedürftigkeit sowohl in psychischer als auch in körperlicher Hinsicht. Experten gehen davon aus: Je älter die Menschen werden, desto größer ist ihr Risiko, demenzkrank zu werden.

So werden in Sachsen-Anhalt bereits heute deutlich mehr Demenz-Patienten stationär im Krankenhaus behandelt als im Bundesdurchschnitt. Deutschlandweit gab es im Jahr 2013 pro 100.000 Einwohner statistisch 84,7 Patienten, hierzulande waren es 120,8. Stark erhöht haben sich auch die Sterbefälle, die auf Demenz zurückzuführen sind. Während es 2007 zehn pro 100.000 Einwohner waren, so kletterte dieser Wert im Vorjahr in Sachsen-Anhalt auf 41,1. „Grund für den sprunghaften Anstieg ist aber nicht nur die älter werdende Bevölkerung, sondern auch eine höhere Sensibilität der Ärzte mit Blick auf die Todesursache Demenz“, erklärte Reichelt.

Die Lebenserwartung nach der Diagnose beträgt laut Reichelt im Schnitt sieben bis zehn Jahre. „Je mehr die Krankheit fortschreitet, je intensiver muss die Pflege sein.“ Die Krankheit geht nicht nur einher mit Defiziten im Kurzzeitgedächtnis, der Sprache und der Motorik, sondern verändert auch die Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen.

Von den 30.900 Pflegebedürftigen in Sachsen-Anhalt, die auch an Demenz erkrankt sind, wurden im Jahr 2013 fast 14.000 (45 Prozent) zu Hause betreut - entweder durch Angehörige oder Pflegedienste. Die anderen 16.900 (55 Prozent) wurden in Heimen betreut. Die Betreuung könnte sich aber ab dem kommenden Jahr grundlegend ändern. Dann ist geplant, die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade zu ersetzen. Dabei sollen dann nicht mehr nur körperliche Gebrechen, sondern auch Krankheiten wie Demenz berücksichtigt werden.

„Demenz bekommt damit in der Pflege auf jeden Fall ein erheblich größeres Gewicht“, erklärte eine Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Nach Schätzungen des DRK leiden heute bereits mehr als 1,2 Millionen Menschen in Deutschland unter Demenzerkrankungen, die rund 100 verschiedene Ursachen haben können.

Von den über 80-Jährigen sind nach Angaben des DRK mehr als 40 Prozent erkrankt.
Nach Auskunft von Landesamts-Präsident Reichelt ist Demenz oft auch eine „Vorstufe zum Suizid“. Und so hat sich seit 2007 auch die Zahl der Suizide in Sachsen-Anhalt sprunghaft erhöht - von 6,6 Fällen pro 100.000 Einwohner auf 16,4 im Vorjahr. „Besonders hoch ist dabei die Gefährdung bei geschiedenen oder verwitweten Männern, die älter sind als 75 Jahre“, erklärte Reichelt. (mz)