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Projekt gegen das Vergessen

Von SUSANNE THON 19.11.2009, 16:25

ASCHERSLEBEN/MZ. - Nachdem im vergangenen November der erste Stolperstein in Aschersleben gelegt worden ist, sind am Donnerstag, fast auf den Tag genau ein Jahr später, zwei neue dazu gekommen. Sie erinnern an Adolf Conitzer und Arthur Grünbaum, die Gründer des Kaufhauses in der Breiten Straße. Aber sie erinnern nicht nur an sie als Geschäftsmänner. Sie halten die Erinnerung an ihr Schicksal wach. Über das Grünbaums ist wenig bekannt, nur, dass er 1938 in Berlin zu Tode kam und im Gedenkbuch der Opfer des Nationalsozialismus verzeichnet ist. Conitzer hingegen wurde 1942 deportiert und ist im Jahr darauf in Theresienstadt ums Leben gekommen.

Die Initiative, diesen beiden Männern in Form eines Stolpersteins ein Denkmal zu setzen, ging aus von der evangelischen Kirchengemeinde, erklärt Matthias Büdke, der vor einiger Zeit mit einigen Mitstreitern die Geschichte des Kaufhauses, das 1905 eröffnet wurde und in dem später 21 Beschäftigte arbeiteten, recherchiert und eine Reihe von Artikeln in der Mitteldeutschen Zeitung veröffentlicht hat. "Irgendwie wollten wir an die beiden erinnern, die Frage war nur wie", so der Pfarrer. Die Idee kam dann im vergangenen Jahr, als der Kölner Künstler Gunter Demnig erstmals in Aschersleben war. Vor dem Gymnasium Stephaneum legte er einen seiner Stolpersteine, versehen mit einer Messingplatte, in Gedenken an den jüdischen Schüler Hans-Gideon Hirschfeld. "Es ist wichtig, dass das, was in Deutschland geschehen ist, nicht in Vergessenheit gerät", sagt Büdke, "da müssen wir gegensteuern." Die Steine, so der Pfarrer, führen es uns sichtbar vor Augen.

Ruck, zuck war es vollbracht - viel länger hat das Warten gedauert, denn über eine Stunde haben die Anwesenden auf dem Gehweg vor dem ehemaligen Kaufhaus ausgeharrt -, hat Demnig die Pflastersteine herausgehebelt, die beiden neuen Steine mit der Aufschrift "Hier wohnte und arbeitete", Namen, Geburts- und Sterbejahr versenkt und die Fugen verfüllt. Fast ein bisschen zu schnell. Ohne großes Drumherum. Ohne einen Moment der Besinnung. Doch Büdke ergriff schließlich das Wort.

1993 ist die Projektidee entstanden, im Jahr 2000 der erste Stolperstein legal gesetzt worden. Aschersleben ist einer von inzwischen 480 Orten in Deutschland, Österreich, Ungarn und den Niederlanden, in denen Demnig seine Stolpersteine verlegt hat. Die meisten davon eigenhändig. Und dass die älteste Stadt Sachsen-Anhalts in der europaweiten Aktion auftaucht, "das steht ihr wirklich gut zu Gesicht", findet Büdke.

Ausführliche Informationen über das Projekt "Stolpersteine" gibt es im Internet unter www.stolpersteine.com