WM-Finale WM-Finale: Italien ist Fußball-Weltmeister
Berlin/dpa. - Ausgerechnet in der schwersten Krise seinerFußball-Geschichte ist Italien auf den Fußball-Thron zurückgekehrt.Dank ihrer Nervenstärke setzte sich die «Squadra Azzurra» amSonntagabend im ersten europäischen WM-Finale seit 24 Jahren mit 5:3im Elfmeterschießen gegen Frankreich durch und holte sich nach 1934,1938 und 1982 zum vierten Mal das begehrte WM-Championat. Nachregulärer Spielzeit und Verlängerung hatte es 1:1 gestanden. DieItaliener, die erstmals ein wichtiges Elfmeterschießen gewannen,haben nun hinter dem entthronten Weltmeister Brasilien (5) diemeisten WM-Titel gesammelt.
Vor 69 000 Zuschauern im ausverkauften Berliner Olympiastadiongelang der Mannschaft von Trainer Marcello Lippi trotz der Belastungdurch den Fußball-Skandal im eigenen Land mit viel Glück die Revanchefür die Endspiel-Niederlage bei der EURO 2000. Marco Materazzi (19.Minute) hatte für Italien ausgeglichen, während Zinedine Zidane sichseinen Traum vom perfekten Karriere-Ende selbst durch einen zurechtmit Rot geahndeten Kopfstoß gegen Materazzi (110. Minute) selbstzerstörte. Anfangs hatte «Zizou» noch mit einem frechen Foulelfmeter-Tor zum 1:0 (7.) geglänzt.
Jeder WM-Held erhält für den in der Heimat euphorisch gefeiertenTriumph 250 000 Euro Siegprämie. Zur Titelparty flogen die Gewinnernoch am Sonntagabend in ihr Duisburger WM-Quartier zurück. Mit anBord war auch der aus 18-karätigem Massiv-Gold bestehende WM-Pokal,den der Italiener Silvio Gazzaniga 1970 in Mailand kreiert hat.
Fünf Tage nach dem 2:0-Erfolg über den WM-Dritten Deutschland ließMarcello Lippi in seinem 29. Länderspiel als Italiens Coach seine Elferstmals in unveränderter Formation beginnen. Und obwohl beide Teamswie fast immer nur mit einer Sturmspitze agierten, entwickelte sichbei sommerlichen Temperaturen von 28 Grad statt des befürchtetentaktischen Abtastens zunächst eine tempogeladene, später dann aberdoch eine recht Ereignisarme Partie. Immerhin: Gleich der erstegefährliche Angriff der diesmal ganz in weiß gekleideten «Blauen»führte zum Strafstoß, den Materazzi an Florent Malouda verursachte:Zidane nutzte die Chance im 785. und letzten Spiel als Profi zu einemspektakulären Treffer: Sein lässiger Schlenzer prallte von derLattenunterkante nach unten, aber klar hinter der Linie auf.
Damit ist die französische Fußball-Ikone nach Pele, Vava und PaulBreitner der vierte Spieler, der in zwei WM-Endspielen als Torschützein Erscheinung trat. Er beendete damit zugleich die Serie von KeeperGianluigi Buffon, der nach 460 Minuten erstmals wieder hinter sichgreifen musste. Die Italiener hatten zunächst Glück, dass MaterazziSagnols Schuss ans Außennetz lenkte (9.), steckten danach aber denersten Rückstand bei dieser WM cool weg. Und ausgerechnet Materazzimachte seinen Fehler wett, als er Andrea Pirlos Eckball zum Ausgleicheinköpfte (19.). Es war das zweite Turnier-Tor des Nesta-Vertreters.
Danach beruhigte sich das Match wieder, der Spielfluss ging etwasverloren. Das lag auch daran, dass die Spielmacher Zidane und auf deranderen Seite Francesco Totti von ihren Gegenspielern wirkungsvollbekämpft wurden. Die aggressiveren Italiener blieben aber vor allembei Standards gefährlich: So hatte erneut nach einer Pirlo-Ecke LucaToni das 2:1 auf dem Kopf, doch der Stürmer traf nur die Latte (36.).
«Ich habe das Gefühl, dass die Franzosen müde und die Italieneretwas besser organisiert sind», unkte Frankreichs Weltmeister von1998, Emmanuel Petit, zur Pause. Nach dem Wiederanpfiff drückten aberseine Landsleute deutlich mehr aufs Tempo und stellten die von FabioCannavaro in dessen 100. Länderspiel organisierte Hintermannschaftdurch Thierry Henry (46./50./60.) nach Sololäufen drei Mal vorProbleme. Auch Zidane riss das Spiel wieder mehr an sich. Dagegenwurde Totti von Claude Makelele total abgemeldet, so dass Lippi denStar nach gut einer Stunde sogar gegen Vicenzo Iaquinta auswechselte.
Immerhin setzte nun der starke Pirlo ab und zu Akzente. Sein 30-Meter-Freistoß - Italiens erste nennenswerte Chance nach der Pause -,strich nur knapp am Gehäuse von Fabien Barthez vorbei (77.). Bei denItalienern machte sich der Kräfteverschleiß aus dem Deutschland-Spielbemerkbar, doch ihnen blieb die Verlängerung erneut nicht erspart.
Für diverse Profis aus beiden Nationalteams könnte es allerdingsschon Anfang der Woche ein böses Erwachen aus dem WM-Traum geben.Denn nunmehr für Dienstag haben die Juristen erste Urteile imitalienischen Fußball-Skandal angekündigt. Insgesamt acht Akteure,fünf Italiener und drei Franzosen, stehen bei Rekordmeister JuventusTurin unter Vertrag, dem der Zwangsabstieg in die 3. Liga droht.
