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«Webbisch» für Anfänger - Der Jargon der Foren und Chats

Von Sascha Reimann 03.09.2007, 06:50

Hannover/Mannheim/dpa. - E-Mails haben längst die strengen Formen des Schriftverkehrs aufgelockert. Abkürzungen und Smileys beschleunigen und bereichern in Chats die Unterhaltung per Tastatur.

Das Internet hat viele Sprachkonventionen aufgeweicht - und neue hervorgebracht. Uneingeweihte stehen dabei oft vor einem Rätsel. Ungewohnte Begriffe sind vor allem in Threads (Diskussionssträngen) zu finden, die sich um Computerthemen drehen. Da wird schon mal ein «bug gefixt» (ein Programmfehler behoben), ein «file geuppt» (eine Datei ins Internet hochgeladen) oder ein «Proggi gepatcht» (eine Anwendung repariert).

Man dürfe sich allerdings auch ohne Computerslang in der Netzwelt bewegen, versichert Peter Schlobinski von der Universität Hannover, der zusammen mit seinem Kollegen Torsten Siever den Sprachgebrauch im Internet untersucht. Den Sprachwissenschaftlern zufolge gibt es nicht eine Websprache, sondern viele mehr oder weniger «webbische» Jargons.

Die Verwendung bestimmter Begriffe hänge von der Art der «Community» ab, sagt Thomas Maas, Forumsbetreuer bei Giga TV, dem Kölner Spartensender für elektronische Unterhaltungsthemen. Im Zusammenhang mit «eSports» etwa seien Internetslang und die Fachbegriffe aus den Spielen unumgänglich. In weniger speziellen Foren hingegen werde niemand als «Noob» (Neuling, abgeleitet von «Newbie») abgestempelt, wenn er keinen Slang benutzt.

Zu den Grundbegriffen zählt Maas vor allem Akronyme wie «LOL» (laughing out loud) oder «ROFL» (rolling on the floor laughing) - grafische Äquivalente zum (Aus-)Lachen - oder Kürzel wie «CYA» (see you). Die Verhaltensregeln lege die Internetgemeinde selbst fest, sagt Siever. Wer sich im Chat bewegt, müsse diese «Netiquette» beachten. Schreiben in Großbuchstaben zum Beispiel werde als unhöfliches «Schreien» empfunden. Über die Jahre hätten sich so aus der Praxis sprachliche Konventionen entwickelt, sagt Schlobinski.

Rechtschreibung spielt dabei kaum eine Rolle - vor allem in Chats. Das Tempo der Unterhaltung zwinge zum schnellen Tippen und führe zu vielen Fehlern, sagt Siever: «Da wird nicht groß korrigiert.» Wenn ein Programm, das man sich «gesaugt» beziehungsweise «gezogen» (aus dem Internet geladen) hat, «net funzt» (nicht funktioniert), handelt es sich eher um Jugendslang oder Dialekt als um Netzjargon. Laut Siever und Schlobinski übernimmt die geschriebene Sprache im Netz viele mündliche Elemente und ersetzt Mimik oder Tonlage durch grafische Mittel wie Smileys.

«Neue Technologien bringen neue Wörter hervor», sagt Angelika Böhm vom Dudenverlag in Mannheim. Zum Beispiel ist «voipen» in die 24. Auflage des Duden aufgenommen worden: das Wort (abgeleitet von voice-over-IP) bezeichnet ähnlich wie «skypen» Telefonieren über das Internet, etwa mit der Software «Skype». «Googeln» schließlich ist beinahe ein Synonym für «im Internet suchen» geworden.

Der Verein Deutsche Sprache in Dortmund beklagt die nachlässige Ausdrucksweise im Internet mit ihren vielen Anglizismen. Es schade nicht, Beiträge in gutem Deutsch zu verfassen, sagt Pressesprecher Oliver Baer. «Das ist auch eine Frage der Selbstachtung.» Aber nicht alle Anglizismen ließen sich ersetzen. Während «herunterladen» sich gegen «downloaden» mühelos behaupten kann, ist «Selbstdarsteller» statt «Blogger» wenig überzeugend.

Weitere Informationen: de.wikipedia.org/wiki/Netzjargon