WDR/ARTE WDR/ARTE: «magische pilze»

Köln. - Heute sind sie verboten, gelten als Drogen, Jugend gefährdend, dubiose Gewächse, deren Einnahme bedrohliche Bewusstseinsveränderungen hervorrufen. Das war nicht immer so. Psychedelische Pilze, magic mushrooms, dienten seit Jahrtausenden in den verschiedensten Kulturen als religiöse Stimulanzen, sie wurden in Ritualen eingenommen, um den Weg zum Heiligsten zu ebnen oder als gottgleiche Wesen verehrt. In unseren Breitengraden sind sie seit der Inquisition verpönt, an anderen Orten, etwa in Mexiko oder Nepal, werden sie auch noch in diesem Jahrhundert genutzt. Ein Banker und Privatgelehrter aus New York, Gordon Wasson, entdeckte die ethnologische und religiöse Bedeutung der Pilze in den 50er Jahren wieder. Gemeinsam mit dem berühmten französischen Mykologen Prof. Roger Heim legte er die Grundlagen für eine neue Wissenschaft, ausgehend von den halluzinogenen Pilze des mexikanischen Hochlands. Der dritte im Bunde, der Schweizer Naturstoffchemiker und Entdecker des LSD, Albert Hofmann, destillierte die wirksame Substanz, das Psilocybin, aus den Pilzen und komplettierte damit die Erforschung der wundersamen Wesen. Pharmaindustrie und Politik interessierten sich dafür, Selbstversuche und psychologische Tests sollten das Potential der Pilze freilegen.
Die revolutionären Entdeckungen der Wissenschaftler löste jedoch gleichzeitig den unbeabsichtigten Beginn ihrer Popularisierung aus: Magic Mushrooms wurden zur Partydroge. Timothy Leary und andere Gurus der psychedelischen Revolution kultivierten die bewusstseinserweiternden Substanzen als Heilsbringer, Hunderttausende folgten ihnen. Profanierung und Missbrauch führten zum Verbot der Pilze. Die Wissenschaft hat es seither schwerer, wendet sich aber seit einigen Jahren wieder intensiv der Arbeit mit den Pilzen zu: Psychotherapeuten versuchen über Sondergenehmigungen die Substanzen in neue Therapieformen einzubinden, die Hirnforschung in Europa und USA nutzt die modernen Technologien, um neue pharmazeutische Nutzungen zu erforschen, wie etwa eine mögliche Verbesserung der Gedächtnisleistung durch niedrig dosiertes Psilocybin.