Wasserwandern Wasserwandern: Mit dem Boot über die Mulde
Halle/MZ. - Ein Fluss macht, was er will. Malströmt er kilometerlang breit und träge dahin,dann zwängt er sich als Mäander durch engeKurven, um danach wild über ein Wehr zu stürzen,als bestünde er aus lauter blinkenden Glasscherben.Die vereinigte Mulde, die sich südöstlichvon Leipzig, wenige Kilometer hinter Colditz,nach dem Zusammenfließen der aus Erzgebirgeund Vogtland herangewälzten Wassermassen alsstattlicher Strom präsentiert, verändert ihrAussehen an jeder Wegbiegung.So war das schon vor über tausend Jahren, als noch slawische Bauern an den Ufern derMulde siedelten. Der Flusslauf gilt in Europaals nahezu einzigartig, weil er unbegradigtblieb, seine Auengebiete naturnah sind undseine "Fließgewässerdynamik" unverändert ist.Als die Heere unter Heinrich I. im Blitzfeldzug928/929 den westlichen, an Thüringen grenzendenTeil des heutigen Sachsen eroberten, metzeltensie die Stämme der Heveller, Obodriten undDaleminzer nieder. Die Mulde muss rot gewesensein vor Blut. Neusiedler, vor allem aus Franken,rückten nach, bald florierte die Landwirtschaft.Aber die Flussauen-Landschaft mit ihren Stileichenund Hainbuchen blieb unverändert. Kühe undSchafe weiden hier wie ehedem.
"Der Mensch hat diese Landschaft geformt,aber er verstand sich stets als Partner derNatur", erklärt Berthold Legler, Leiter desReferats Naturschutz beim RegierungspräsidiumLeipzig. "Das Muldental hat Glück gehabt!"Hauptsächlich in der DDR-Zeit, als währendder Industrialisierung Betriebsgebäude anden Uferpartien wie schreckliche überdimensionalePilze aus der Erde schossen. Die Abwässervon Chemie- und Papierwirtschaft haben derMulde hart zugesetzt, aber kein totes Gewässerdaraus gemacht. 1963 wurde ein Teilabschnittzwischen Eilenburg und Bad Düben unter Landschaftsschutzgestellt.
Diese romantischen Landschaft zog vor 200Jahren schon Caspar David Friedrich immerwieder hierher. Seine zahlreichen Bilder vondamals sind direkt auf die Gegenwart übertragbar.In den letzten drei Jahren war der Fluss allerdingszum Zankapfel geworden. Naturschützer hättendas Kleinod Muldental am liebsten für denDurchgangsverkehr gesperrt, während touristischeAnbieter darauf hinwiesen, dass jede fünfteMark in der Region mit Tourismus verdientwird.