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«Wasserträger» «Wasserträger»: Schwarzenbeck verkauft am 60. Geburtstag Zeitungen

Von Gerd Münster 01.04.2008, 17:23
Einst einer der «Dauerbrenner» beim FC Bayern München: In 416 Bundesligaspielen von 1966 bis 1980 sah Hans Georg Schwarzenbeck nie die Rote Karte. Heute betreibt er in München einen Lottoladen. (Foto: dpa)
Einst einer der «Dauerbrenner» beim FC Bayern München: In 416 Bundesligaspielen von 1966 bis 1980 sah Hans Georg Schwarzenbeck nie die Rote Karte. Heute betreibt er in München einen Lottoladen. (Foto: dpa) Claudia Steiner

München/dpa. - Fast jeden Tag um sechs Uhr in der Früh steht einer dererfolgreichsten deutschen Fußballer hinter der Theke seinesSchreibwarengeschäfts im Münchner Stadtteil Au, das er 1981 vonseinen Tanten übernommen hat. Auch an diesem Donnerstag, wenn dereinstige Vorstopper des FC Bayern München seinen 60. Geburtstagfeiert, wird es nicht anders sein. «Ich mag keinen Rummel, 60 isteine Zahl wie jede andere. Ich werde wie immer im Laden sein und amAbend gemütlich mit der Familie feiern», sagt «Katsche»Schwarzenbeck, der schon als Fußballer der Inbegriff desbescheidenen, anspruchslosen und bodenständigen Profis war.

Als «Putzer des Kaisers» und «Wasserträger» stand der kantigeAbwehrspieler Franz Beckenbauer sowohl bei den Bayern als auch in derNationalmannschaft tatkräftig zur Seite. Und es hat ihm nichtsausgemacht, dass er mit seiner etwas hölzernen, technisch unbedarftenund ungelenk wirkenden Spielweise im Schatten des genialen undeleganten Liberos stand. «Ich habe mich nie zurückgesetzt gefühlt,denn ich wusste, was ich kann und was nicht», erinnert sich der 44-fache Nationalspieler und Weltmeister von 1974.

Ihm war es sogar recht, dass Beckenbauer, Gerd Müller, Uli Hoeneßoder Paul Breitner im Rampenlicht standen, denn Schwarzenbeck hassteden Medienrummel: «Von mir hätte die Presse nicht leben können. Ichbin unergiebig.» Aber einmal, am 15. Mai 1974, stahl er doch allendie Schau, als er beim 1:1 im Europacupfinale gegen Atletico Madridmit einem 25-Meter-Distanzschuss den Bayern das Wiederholungsspielrettete. Zwei Tage später gewannen die Münchner in Brüssel mit 4:0und holten den ersten von drei Landesmeister-Erfolgen in Serie. «Daswar der schönste Moment meiner Karriere, danach kommt der WM-Titel,denn wann wird man schon mal Weltmeister?», sagt Schwarzenbeck.

Anders als seine damaligen Mitspieler, die beim FC Bayern alsPräsident, Manager oder Trainer Karriere machten, hatte Schwarzenbecknie das Bedürfnis, einen Posten bei seinem Verein anzunehmen.«Trainer oder Manager, das war nicht mein Ding», betont der gebürtigeMünchner, der von 1966 bis 1980 416 Bundesligaspiele für Bayernbestritt und dabei 21 Tore erzielte. Ein Achillessehnenriss, den ersich im August 1979 zugezogen hatte, zwang ihn ein knappes Jahrspäter, seine Karriere mit 32 Jahren zu beenden.

Bis dahin hatte er alles gewonnen, was es zu gewinnen gab:Europameister 1972, Weltmeister 1974, Weltpokalsieger 1976, fünfdeutsche Meisterschaften, drei DFB-Pokalsiege, drei Europacupsiegeder Landesmeister 1974, 1975 und 1976 sowie Europacupsieger derPokalsieger 1967. In seinem Laden wird «meistens über Fußball»geredet, erzählt Schwarzenbeck, der selbst nicht weiß, wie aus Hans-Georg «Katsche» wurde: «Der Name war auf einmal da.» Gelegentlichschaut er den Bayern in der Allianz Arena zu, und hin und wiedertrifft er sich mit den Spielern aus der großen Bayern-Elf der 70erJahre «zum Ratschen» auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße.

Ansonsten beschränkt sich der Kontakt mit dem Club darauf, dieGeschäftsstelle mit Büromaterial zu beliefern. Das Gefühl, sich alsFußball-Profi einen Traum erfüllt zu haben, hat Schwarzenbeck zueinem glücklichen Menschen gemacht, der sich zum Geburtstag«Gesundheit für die Familie» mit Ehefrau Hannelore sowie den KindernMartin (34) und Heide (32) wünscht. Schließlich will er noch langeZeitungen verkaufen und im eigenen Garten nach dem Rechten sehen.«Denn Gartenarbeit ist mein großes Hobby. Früher hatte ich gerade MalZeit, um den Rasen zu mähen.»