Wanderung Wanderung: Nasse Runde durch den Stadtwald
Bad Schmiedeberg/MZ. - Auf die Spuren von Chinesenbärten und Jahresringen begaben sich am Ostersonntag Morgen einige Unentwegte. Nieselregen empfing das Grüppchen der Wanderer vor der Rehabilitationsklinik in Bad Schmiedeberg, das auf elf Leute anwachsen sollte. Aber wie heißt es: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unzweckmäßig gekleidete Leute. Oder wie Walter Wototschek es ausdrückte: Was die Natur nass macht, das macht sie auch wieder trocken. Sechs Kilometer Fußweg durch den Stadtwald lagen vor ihnen. Und Walter Wototschek übernahm die Führung. Der Oberförster im Ruhestand kennt die Dübener Heide fast wie seine Westentasche.
Bis zu 60 Leute schließen sich den regelmäßigen Touren an, am Sonnabend auf der Zwölf-Kilometer-Runde bei Schneegestöber waren es 29. Keine Frage, Wototscheks humorvolle Art trägt zur Popularität bei. "Heute sind Leute dabei, die könnten Oberassistent werden", meinte er schmunzelnd. Lutz Hädicke aus Magdeburg, schloss sich zum fünften Mal der Tour an. "Viel Zeit zum Wandern hatte ich nie", erzählte Hädicke, dessen vierwöchige Kur zu Ende geht. "Ich war 30 Jahre auf Montage." Noch bevor die Gruppe in Moschwig angekommen war, hatte Wototschek schon die Entstehung von Hoch- und Niedermoor erklärt, auf den besonderen Drehwuchs einer Buche hingewiesen und die Entstehung von Hoch- und Niederwald erläutert. "Die Wattehäubchen dort auf den jungen Nadelbäumen schützen gegen Wildverbiss", erzählte er im Vorbeigehen. Nötig sei das nur im Winter, und warum die Watte solch eine Wirkung hat, wisse er auch nicht. Aber es funktioniere. "Es ist ein schönes Fleckchen hier", meinte Silvia Hesse aus Salzgitter. Von ihrer dreiwöchigen Kur hat sie die Hälfte absolviert, und sie war zum vierten Mal bei Wototscheks Wanderungen dabei.
"Das macht er sehr schön. Er war ja nie raus aus seinem Beruf", sagte sie. "Auch wenn man mal extra Fragen hat, er erklärt alles." In der Zwischenzeit hatte der pensionierte Oberförster erklärt, wie eine Spechtschmiede zu finden ist, jener Laubbaum, in dessen Astgabel der Specht den Zapfen einer Kiefer oder Fichte klemmt, um ihn auspicken zu können. Und den der Wanderer einfach findet, indem er auf Zapfen unter Laubbäumen achtet. Vorbei an einer Biberburg und dem Vitriolteich, in dem Waldarbeiter vor über 120 Jahren beim Baden eine Linderung ihrer Gliederschmerzen verspürten und findige Geschäftsleute den Kurbetrieb entwickelten, ging der Weg. Wototschek erläuterte die Umwandlung der Kiefern- in Mischwälder.
"Es wird wohl ein Jahrhundert dauern, die vor rund 200 Jahren entstandenen Monokulturen zu beseitigen", sagte er. Nass, aber zufrieden strebten die Kurgäste nach zwei Stunden Wanderung ihren Zimmern zu. Jahresringe an Bäumen konnten sie bereits vorher zählen. Gelernt haben sie, dass der Chinesenbart an Birken zu finden ist, ihre Form gab einigen der abgestorbenen Astansätze den Namen.