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Vier bis fünf Hektar Wald für A49 gerodet: Weiter Proteste

02.10.2020, 18:32
Ein Polizist, der ein Waldstück im Herrenwald sichert, steht auf gefällten Bäumen. Hier wird heute weiter für den Weiterbau der Autobahn 49 gerodet. Foto: Boris Roessler/dpa
Ein Polizist, der ein Waldstück im Herrenwald sichert, steht auf gefällten Bäumen. Hier wird heute weiter für den Weiterbau der Autobahn 49 gerodet. Foto: Boris Roessler/dpa dpa

Stadtallendorf - Trotz weiterer Proteste der A49-Gegner schreiten die Rodungen für den umstrittenen Weiterbau der Autobahn voran. In den ersten beiden Tagen seien Bäume auf einer Fläche von vier bis fünf Hektar im Herrenwald bei Stadtallendorf gefällt worden, teilte ein Sprecher der Projektgesellschaft Deges am Freitag mit. „Wir sind damit im Plan und werden die Fällarbeiten am kommenden Montag an mehreren Stellen entlang der Trasse fortsetzen.” Dazu stehe man auch in engem Kontakt zur Polizei.

Gegen die Rodungen protestieren Umwelt- und Klimaschützer, die sich in Baumhäusern und auf Plattformen verschanzt hatten und auf Bäume kletterten, um die Abholzungen zu verhindern. Dank des Großeinsatzes der Polizei, die auch am Freitag mit mehreren hundert Beamten vor Ort war und die Räumungen fortsetzte, seien die Arbeiten „nahezu ohne Verzögerungen durchgeführt” worden, erklärte die Deges. Insgesamt sollen im Herrenwald Bäume auf einer Fläche von 49 Hektar fallen. Weitere 27 Hektar stehen im nahe gelegenen Dannenröder Wald bei Homberg/Ohm für den Bau der Trasse vor der Rodung. Auch dort haben sich Waldbesetzer in Baumhäusern und auf Plattformen eingerichtet, um Widerstand zu leisten.

Angesichts geplanter Demonstrationen will die Deges am Samstag und Sonntag die Rodungen pausieren. „Wir wollen keine Konfrontation, deshalb ruhen die Arbeiten am Wochenende”, sagte der Sprecher. Für Samstag planen die Autobahn-Gegner eine weitere Fahrrad-Demo von Kassel über einen bereits bestehenden Abschnitt der A49 bis zum Dannenröder Forst. Für Sonntag ist dort auch eine größere Demonstration geplant, zu dem die Veranstalter nach eigenen Angaben mehrere Tausend Teilnehmer erwarten.

Derweil war die Polizei auch am Freitag mit mehreren Hundert Beamten im Herrenwald im Einsatz, um die Rodungsarbeiten zu ermöglichen. „Speziell ausgebildete Einsatzkräfte setzen die Räumung fort und führen die Höhenrettungsmaßnahmen durch”, teilte die Polizei auf Twitter mit. Die beiden verbliebenen der insgesamt acht Baumhäuser und Plattformen, auf denen sich Aktivisten verschanzt hatten, seien geräumt und weitere Personen auf den Boden geholt worden, sagte ein Polizeisprecher.

Insgesamt gab es nach Angaben der Polizei 20 Festnahmen. Dazu hätten 29 Personen einen Platzverweis erhalten. Darunter seien auch 21 Demonstranten gewesen, die einen Harvester am Einfahren in den Sicherheitsbereich hindern wollten.

Zu Handgreiflichkeiten war es kurzzeitig gegen Mittag gekommen, als 21 Teilnehmer eines Demonstrationszuges auf die Polizei zugegangen waren. Sie hätten versucht, eine Polizeikette zu durchbrechen, was die Beamten verhindert hätten, sagte der Sprecher. Eine spontane Blockade des Harvesters, mit dem Bäume gefällt werden, hätten die Einsatzkräfte ebenfalls nach kurzer Zeit aufgelöst. Insgesamt seien die Proteste auch am Freitag weitgehend friedlich verlaufen. Am Vormittag hatte es zunächst Gespräche mit Aktivisten gegeben, den Bereich zu verlassen, in dem gerodet werden soll, berichtete die Polizei.

Die Umwelt- und Klimaschützer protestieren gegen den Weiterbau der A49 in Mittelhessen, die nach der Fertigstellung Kassel und Gießen direkter miteinander verbinden soll. Die ersten Rodungsarbeiten hatten am Donnerstag begonnen.

Eine Sprecherin des Bündnisses Autokorrektur, das gegen die A49 protestiert, sagte, es sei sehr traurig zu sehen, dass nun tatsächlich Bäume fallen. Doch es gebe mittlerweile eine „riesige Solidaritätswelle” mit Aktionen und Demonstrationen auch bundesweit. Am Vortag hätten Aktivisten in den Bäumen sehr lange Widerstand geleistet und damit die Rodungsarbeiten hinausgezögert, dieser Widerstand gehe weiter.

Derweil gab es eine neue Runde im juristischen Tauziehen um die Proteste gegen das Verkehrsprojekt: Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel gewährte den A49-Gegnern erneut vorläufigen Rechtsschutz. Eine tägliche Sitzblockade auf einer Landstraße nahe dem Dannenröder Forst dürfe nicht generell verboten werden, hieß es in einem Beschluss des 2. Senats des VGH vom Freitag.

Den Angaben zufolge hatte der Antragsteller für den Zeitraum ab sofort bis 1. März 2021 die tägliche Sitzblockade für eine Dauer von circa zwei bis drei Stunden auf der Straße angemeldet, um gegen die geplante Rodung von Teilen des Dannenröder Waldes zu protestieren. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine sogenannte unerlaubte Verhinderungsblockade handele, hieß es zur Begründung.

Nach Angaben des VGH hatte das Regierungspräsidium (RP) Gießen zuvor die Blockadeaktionen vollständig untersagt. Dies sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, so der VGH. Das RP Gießen habe nun erneut Gelegenheit, nach einem sogenannten Kooperationsgespräch mit dem Antragsteller über die Art und den Umfang der Sitzblockaden zu entscheiden.

Der Protest gegen den Autobahnbau wurde am Freitag auch nach Berlin getragen. Mit Transparenten demonstrierten Umweltaktivisten an der Hessischen Landesvertretung in der Hauptstadt gegen die Rodungen. (dpa/lhe)