Viele Gesichter des getreuen Roland faszinieren
Roßlau/MZ. - Im Roßlauer Rathaus ist gegenwärtig die Ausstellung "Rolandsstandbilder als Rechtssymbole", Fotografien von Klaus Fickenscher zu sehen. Dafür gebe es, so Bürgermeister Klemens Koschig, keinen besseren Ort als ein deutsches Rathaus, auch wenn Roßlau nie mit solchen Rechten ausgestattet gewesen sei. Gezeigt wird eine imposante Dokumentation der Statuen, die seit dem Mittelalter bürgerliche Freiheiten und Rechte bekundeten. Die Gründe der Errichtung mögen so vielfältig seien, wie die Gestalt der hölzernen oder steinernen Statuen. Fickenscher: "In der Roland-Forschung ist noch kein Ende abzusehen."
Historischer Hintergrund des Rolandsliedes ist das Schicksal Hruotlands, Markgraf der bretonischen Mark. Als Karl der Große 778 den Heerzug gegen die Mauren abbrach, führte Hruotland die fränkische Nachhut, welche im Pyrenäental Roncesvalles in einen Hinterhalt geriet und vernichtend geschlagen wurde, allerdings nicht von den Mauren, wie es im Rolandslied heißt, sondern von christlichen Vaskonen (Basken).
Dennoch machte die Thematik der "Heidenkriege" aus dem gefallenen Grafen einen Volkshelden, belebt durch die Reconquista, die Rückeroberung Spaniens und die beginnenden Kreuzzüge. Das Rolandslied gibt es in vielen variantenreichen Übertragungen. Hier ist Konrad der Pfaffe zu nennen. Die italienische Version heißt "Orlando furioso", "Der rasende Roland".
Unermüdlich zeigt sich auch Fickenscher beim Gang durch die Ausstellung. Die Prunkstücke gibt es über den ersten Stufen: Bremen, Zerbst und Halberstadt. Wichtigstes Symbol sei, so der passionierte Hobbyhistoriker, das Schwert, ein Zeichen der durch Gott dem Kaiser verliehenen weltlichen Macht. Roland sei der Schwertträger des Kaisers, als Statue ein Zeichen dafür, dass die Stadt dem Kaiser unterstellt sei. Lokale Besonderheiten, partielle Freiheiten und Rechte müssten, wie oben erwähnt, immer berücksichtigt werden.
Über die Symbole gebe es vieles zu erzählen, über den Schild, die Gürtelschnalle, die Rose, den Handschuh. Der jüngste Roland, gemeint ist die Ersterrichtung zwischen 1730 und 1740, steht in Questenberg. Die Bedeutung der Symbole sei, so Fickenscher, nicht mehr verstanden worden. Dieser Roland aus Eichenholz trage nur noch "einen Knüppel". Und wahrlich findet man hier keinen Verweis mehr auf ein Reliquiar als Griff des Schwertes.
Immer wieder wurden hölzerne durch steinerne Rolande ersetzt, so auch der einzige reitende Roland in Haldensleben. Der südlichste Roland steht in Dubrovnik, einst der Seerepublik Ragusa als Gegensymbol zum Markuslöwen der Seerepublik Venedig dienend. Obwohl der nördlichste, der Rigaer Roland noch in Fickenschers Sammlung fehlt, pilgert der Dessauer in diesem Jahr nach Satiago de Compostella. Jenseits des Rechtssymbols wird er hier überall dem legendären Roland begegnen.
"Der Kampf um die Macht ist auch immer ein Kampf um Symbole", sagt Fickenscher. Der Quedlinburger Roland sei so eine "Leidensfigur". 1577 ließ Äbtissin Hedwig das Wahrzeichen bürgerlicher Freiheit in Stücke schlagen. Tillichs Truppen zerstörten den Magdeburger Roland. Fickenscher weist darauf hin, dass der nun wieder errichtete Roland, dort stehe, wo im 1. Weltkrieg der Nagelroland gestanden habe. Damals wurden Nägel gekauft und in einen hölzernen Roland geschlagen. Der Erlös kam den Kriegsweisen zugute.
Auch wenn die güldene Schamkapsel des Rolands in Belgern den Blick fangen mag, zielt eine Anekdote auf ein anderes Glied. Die neidischen Torgauer hätten in einer Nacht- und Nebelaktion versucht, den Belgerner Roland zu stehlen. Der Raub sei mittels Fausthieben vereitelt worden. Daraufhin habe man den hölzernen durch einen steinernen Roland ersetzt und zur Buße bestimmt, dass die Torgauer, so sie in die Stadt kämen, in den großen Rolandzeh beißen müssen, bis dieser vertilgt sei. Diese Ausstellung macht Appetit.