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Vereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate: Dubai baut für die Zeit nach dem Öl

Von Dirk Averesch 17.11.2006, 08:28
Wie ein Palmenblatt ragt die künstliche Insel The Palm ins Meer. Der Stamm und die Sichel sollen für Touristen frei zugänglich sein. (Foto: dpa)
Wie ein Palmenblatt ragt die künstliche Insel The Palm ins Meer. Der Stamm und die Sichel sollen für Touristen frei zugänglich sein. (Foto: dpa) Nakheel

Dubai City/dpa. - Nun soll das kleine Emiratnach dem Willen seines Herrschers Scheich Mohammed bin Rashid AlMaktoum auch zur Touristen-Metropole werden, bevor Dubai in denkommenden anderthalb Jahrzehnten das Öl ausgeht. So entstehen imHandstreich neue Stadtviertel, künstliche Inseln im Meer, hunderteWolkenkratzer, Hotels und Vergnügungsparks. Reisende können sichnicht nur auf die Spuren der Megaprojekte begeben, sondern auch amStrand liegen und Bekanntschaft mit der Wüste machen.

Es sind die Kräne, die einen ersten Hinweis auf dieGoldgräberstimmung in Dubai geben. Auf die herrschende Bauwutangesprochen, weiß fast jeder in Dubai zu berichten, dass gerade einViertel aller Kräne weltweit im Emirat am Werk sind. Im Verkehrstehen Transporter voller Zementsäcke dicht an dicht mitBaustellenbussen. Ein Heer von rund 300 000 Arbeitern sorgt dafür,dass sich das Gesicht der Stadt fast im Monatsrhythmus wandelt. 300Hotels und knapp 40 000 Zimmer reichen Dubai noch nicht, sagtAbdullah bin Suwaidan vom Tourismusministerium: «Vergangenes Jahr lagdie durchschnittliche Zimmerauslastung bei 86 Prozent.»

Mit knapp 3900 Quadratkilometern Fläche ist Dubai etwas größer alsMallorca. Allerdings besteht der größte Teil des Emirats aus Wüste.In Dubai City, wo 99 Prozent der Bevölkerung leben, wird der Platzknapp. Gebaut wird deshalb in die Höhe oder neuerdings auch ins Meerhinein – etwa in Form von 300 kleinen Inseln, die mit ihren Umrissendie Welt darstellen, oder als gewaltige Halbinseln mit den Kontureneiner Palme. The World und The Palm, wie die selbst aus dem Allsichtbaren Projekte heißen, sind auf dem besten Weg, dem bekanntenLuxus-Hotel «Burj Al Arab» den Rang als Wahrzeichen Dubais abzulaufen.

Ende November wird nach zahlreichen Verzögerungen die fünf malfünf Kilometer große Palme Jumeirah bezugsfertig - zumindest für dieBesitzer der 4000 dicht stehenden Villen auf den Palmblättern,allesamt «gated communities», also abgeschlossene Wohnviertel. «35Prozent der Käufer kommen aus Europa, davon sind 27 Prozent Briten,gefolgt von Deutschen, Russen und Franzosen», sagt Benedict Fishervom halbstaatlichen Bauträger Nakheel. Eine Fünf-Zimmer-Villa inbester «Blattendlage» kostet mindestens 1,5 Millionen US-Dollar (rund1,2 Millionen Euro). Der Stamm und die Sichel über der Palme mit rund25 Hotels sollen von 2008 an als Tourismuszone frei zugänglich sein.

Ebenfalls 2008 ist geplant, die vier Kilometer vor den Strändendes Stadtteils Jumeirah liegenden Inseln von The World ihrenBesitzern zu übergeben. 35 Prozent der Eilande sind schon verkauft.Viele der Inseln müssen aber erst noch aufgeschüttet werden. «Möglichmacht das Ganze das flache, maximal 14 Meter tiefe Golfwasser»,erklärt Fisher. Damit das 1,8 Milliarden US-Dollar (rund 1,4Milliarden Euro) teure Projekt nicht von den Wellen davongespültwird, ist The World mit Wellenbrechern eingefriedet.

Interessenten für eine Insel müssen erst eine Anzahlung leistenund dann binnen sechs Wochen einen Nutzungsplan für die Inselvorlegen. Denn außer dem schieren Land gibt es nur Strom und eineFährverbindung zum Festland. Um alles andere müssen sich diekünftigen Insulaner selbst kümmern.

Trotzdem kostet eine Insel zwischen 10 und 45 Millionen US-Dollar(rund 7,8 bis 35 Millionen Euro), je nach Lage und Aussicht. Währendsich das eher gedrängt liegende Europa im unteren Preisbereichbefindet, erzielen Länder wie Japan an den Außenrändern der WeltHöchstpreise. Deutschland dagegen ist beispielsweise noch zu haben.Die Gebäude auf den Inseln dürfen nicht höher als sechs Stockwerkesein. «Wer sich Japan geleistet hat, wird nicht wollen, dassAustralien in der Nachbarschaft Hochhäuser baut», sagt Fisher.

Die Entfernungen zwischen den Inseln sind so gering, dass dieBewohner ohne viel Aufhebens von Kuba nach Amerika schwimmen könnten.Als Musterinsel für Kaufinteressenten ist bisher nur Grönland bebaut.Vor einer Palmenkulisse reckt sich dort eine ausladende Villa aus demSand. Ein Steg ragt durch das türkisene Strandwasser hinein ins Meer.

An Land entwickelt sich die Stadt rasant in südlicher Richtung undentfernt sich damit immer weiter von ihrer Keimzelle, dem 13Kilometer langen Creek, einem Meeresarm des Golfes, auf dem immernoch altertümlich anmutende Dhow-Boote ihre Fracht für dietraditionellen Souks anliefern und hölzerne Abras Personen von dereinen Seite zur anderen schiffen. Eine Fahrt entlang der wichtigstenNord-Süd-Achse, der Sheikh Zayed Road, gleicht einer Reise in dieZukunft Dubais. Am Anfang steht das World Trade Center. Mit knapp 150Metern war es Ende der siebziger Jahre das höchste Gebäude des NahenOstens. Längst ist es von den 309 und 355 Meter hohen Emirates Towernund anderen Wolkenkratzern in der Nachbarschaft deklassiert worden.

Alles in den Schatten stellen wird das 20 Milliarden US-Dollar(rund 15,6 Milliarden Euro) schwere Downtown-Projekt, Dubais neuesFinanzzentrum. Mehr als 100 Hochhäuser werden dort zur Zeit aus demBoden gestampft, jedes einzelne wird über 300 Meter hoch sein.

Sie umgeben aber nur den mächtigen, bereits 277 Meter oder 80Stockwerke hohen Burj Dubai. Mit mindestens 800 Metern Höhe soll ernach seiner geplanten Fertigstellung 2008 das größte Hochhaus derWelt sein. «Bis zum 18. Stockwerk wird es ein von Armani designtesund betriebenes Hotel geben», sagt Iyad Moussa vom halbstaatlichenProjektentwickler Emaar. Ungefähr bis zum 100. Stockwerk sollenLuxus-Wohnungen eingerichtet werden, von da an aufwärts gibt es nurnoch Büros. Standesgemäß entsteht am Fuße des Riesen das größteEinkaufszentrum der Welt. So groß wie 50 Fußballfelder stellt TheDubai Mall jede der knapp dreißig Shopping-Malls von Dubai in denSchatten - auch die riesige Mall of the Emirates samt Ski-Halle.

Parallel zur Sheik Zayed Road verläuft nahe am Wasser die AlJumeirah Road. Wer ihr folgt, kommt zu den vielen weißen und meistöffentlichen Sandstränden. Da Dubai auf dem Äquatorgürtel liegt, istgutes Wetter und ein badewannenwarmes Bad im klaren Golfwassergarantiert. Jumeirah hat ein Dutzend erstklassiger Strandhotels,allen voran das bekannte «Burj Al Arab» und das «Jumeirah Beach».Daneben liegt die Madinat Jumeirah, eine Touristen-Stadt mitarabischem Thema im Stil eines Las-Vegas-Casinos.

Weitere Großprojekte sind in Planung: die Wohnanlage Dubai Marinagleich hinter der Palm Jumeirah, die Dubai Waterfront mit mehrerenStadtteilen für rund eine halbe Millionen Menschen ganz im Süden amFuß der Palm Jebel Ali, und Dubaiworld, der – wie sollte es anderssein – größte Vergnügungspark der Welt mit allein 30 neuen Hotels.Ohne die mehr als eine Million Gastarbeiter in Haushalten,Geschäften, Restaurants, Büros und auf den Baustellen des Landes wäredie rasante Entwicklung des Emirats nicht denkbar. Nur rund 185 000der 1,2 Millionen Bewohner besitzen die Staatsbürgerschaft Dubais.

Chronisch verstopfte Straßen sind ein Preis der Entwicklung.Selbst zum Teil siebenspurige Straßen können den Verkehr zuStoßzeiten nicht mehr aufnehmen. Nicht zuletzt wegen der Hitze werdenselbst kleinste Wege mit dem Auto zurückgelegt. Benzin und Taxen sindgünstig, Busse billig, das System aber nur mäßig. Da hilft es auchnichts, dass neuerdings klimatisierte Wartehäuschen aufgestelltwerden. Die Situation entschärfen sollen von Ende 2008 an zweiU-Bahn-Linien, die das gesamte Stadtgebiet bedienen.

Als Kontrastprogramm zum urbanen Auftritt Dubais bietet sich einJeep-Ausflug in die Wüste an. Die meisten Anbieter fahren Touristenam späten Nachmittag dorthin, um der Hitze zu entgehen und einenBilderbuch-Sonnenuntergang zu präsentieren. Bevor der Besucher seineFüße in den feinen orange-roten Sand stellt, steht aber meist einefuriose Fahrt durch die Dünen auf dem Programm. Für viele BewohnerDubais ist es ein Hobby, mit Jeeps, Buggys oder Quads durch den Sandzu pflügen. Kamele gibt es in der Wüste nur noch zum Probereiten fürTouristen.

Verehrt werden die genügsamen Wüstenschiffe von den Menschen inDubai nach wie vor. In Dubai finden regelmäßig auf einer eigenenRennbahn äußerst populäre Kamelrennen statt. Gleich daneben liegenein Golfplatz, eine Pferderennbahn und die Stallungen des im Besitzdes Scheichs befindlichen Nad Al Sheba Golf & Racing Clubs. DerPferderennsport hat Seine Hoheit zu einem bescheidenen Sinnspruchinspiriert, dessen Buchstaben in Form von 1000 Stelzenhäusern imKreis um die Palm Jebel Ali geschrieben werden: «Nimm die Weisheitvon den Weisen; Es braucht einen Mann mit Visionen, um auf Wasserschreiben zu können; Nicht jeder, der ein Pferd reitet, ist einJockey; Große Männer wachsen an großen Herausforderungen.»