Urlaub auf dem «Fun-Ship» Urlaub auf dem «Fun-Ship»: Über die Kletterwand zum Frühstück

Hamburg/dpa. - Man übtesich in Konversation, abends wurde getanzt. Doch diese Zeiten sindvorbei: Die Schiffe der jüngsten Generation sind schwimmendeErlebnisparks - frei nach der Devise «Größer, bunter, schriller». AnBord der jüngsten «Fun-Ships» können die Gäste Golf üben, Surfen,Eislaufen und Klettern. Das Schiff wird zum eigentlichen Ziel derReise.
Der momentane Rekordhalter unter den Spaßfabriken auf See stammt,wie kaum anders zu erwarten, aus Amerika. Die vom Bug bis zum Heck339 Meter messende «Freedom of the Seas» der Reederei Royal CaribbeanInternational (RCI) ist mit Platz für 4375 Passagiere nicht nur dasgrößte Kreuzfahrtschiff der Welt - sie zeigt sich zudem als echterInnovationsträger. Das Schiff protzt unter anderem mit einem eigenenPool für Surfer: Der «Flow Rider» produziert mannshohe Wellen.
Neuartige Whirlpools, platziert auf freistehenden Brücken,erlauben einen Blick auf das Meer aus 34 Metern Höhe. Fast schon einalter Hut sind die riesige Shoppingpromenade, die Eislaufbahn imSchiffsbauch oder die mit 13 Metern besonders hoch gerateneKletterwand für Freeclimber.
Die Routen der großen Spaßschiffe sind Nebensache geworden.Natürlich werden weiter Häfen angelaufen. Aber egal ob Karibik,Alaska oder Mittelmeer - man bleibt selbst im schönsten Hafen gernean Bord, denn auf dem Schiff gibt es ja so viel zu entdecken.«Amerikaner mögen das so», sagt der renommierte KreuzfahrttesterDouglas Ward: «Die haben nur zwei Wochen Urlaub im Jahr, wollen dannunter sich sein und sich richtig austoben.»
Die Konkurrenz schläft nicht und kontert mit immer neuenSuperlativen. Von sich selbst nivellierenden Billardtischen überexotischste Wellness-Anwendungen bis hin zu maritimen Tätowierstubenscheint an Bord inzwischen fast alles möglich. Hauptsache, es bringtUmsatz - denn kostenlos sind die Spielereien selten. So wird etwa das3000-Betten-Schiff «Costa Concordia» der italienischen Reederei CostaCrociere einen Formel-Eins-Rennwagen-Simulator bekommen. Und dieUS-Reederei Norwegian Cruise Line (NCL) lässt ihren Neubau «NorwegianPearl» als erstes Schiff der Welt mit einer Bowlingbahn ausstatten.
Der 2400-Betten-Kreuzer wird derzeit auf der Meyer Werft imostfriesischen Papenburg zusammengeschweißt. «Wir bieten unserenGästen immer wieder neue innovative Möglichkeiten zurFreizeitgestaltung», wirbt NCL-Manager Michael Zengerle: «UnsereGäste werden Bowling auf See sicher gut annehmen.»
Spaß-Kreuzfahrten sind in den USA schon seit Jahren der Renner.Alles begann, als der Amerikaner Ted Arison in den siebziger JahrenSchiffe charterte und für relativ wenig Geld Karibik-Törns verkaufte.An Bord gab es Hamburger statt Haute Cuisine, man gab sich locker undungezwungen. Das Konzept schlug ein wie eine Bombe, Arison holte dieKreuzfahrt aus der elitären Ecke heraus. Heute ist sein UnternehmenCarnival mit 80 Kreuzfahrtschiffen Weltmarktführer.
Die vier deutschen «Aida»-Schiffe der Reederei Aida Cruises inRostock gehören mittlerweile ebenfalls zum Konzern. Und auch aufihnen läuft eine Offensive für mehr Vielfalt. Im kommenden Jahrerhalten die beliebten Kreuzer Verstärkung durch die «Aidadiva». Dasjüngste Clubschiff der neuen «Sphinx»-Generation soll mit vielenInnovationen punkten. Da ist zum Beispiel das gläserne Theatrium -ein transparenter Raum über drei Decks mit Theater, Bars undMarktplatz im Herzen des Schiffs. Showevents auf beweglichen Bühnen,fliegende Artisten, ein Snack an der «Food Station» oder Entspannenim Wintergarten: Im Theatrium soll alles miteinander verschmelzen.«Der Passagier ist immer mittendrin», sagt Aida-Cruises-Chef MichaelThamm: «So etwas gibt es noch auf keinem Kreuzfahrtschiff.»
Auch beim Sport- und Fitnessangebot soll die «Aidadiva» neueDimensionen eröffnen. Zur Hauptattraktion soll die Wellness-Oaseavancieren: Dort kann man in der Hängematte zwischen Palmen träumenoder im Whirlpool abtauchen. «Wir holen ein Stück Urwald zum Relaxenauf das Schiff», so Thamm. Drei Außenpools und vier Jacuzzisversprechen Abkühlung, selbst wenn die «Aidadiva» mit 2050 Gästenvoll belegt ist. Im Frühjahr 2007 soll sie bereit sein zurJungfernfahrt, zwei Schwesterschiffe sind bestellt.
2009 schließlich erwartet Kreuzfahrer ein weiterer Quantensprung:Unter dem Projektnamen Genesis lässt Royal Caribbean im finnischenTurku ein Spaßschiff in Flugzeugträger-Ausmaßen für bis zu 5400Passagiere bauen. Inklusive Crew werden sich dann fast 7500 Menschenauf dem Monstrum tummeln - so viel, wie manche Kleinstadt Einwohnerhat. Zum Glück, sagt Kreuzfahrtexperte Douglas Ward, gibt es ja immernoch viele kleinere Schiffe mit Charme und persönlicher Atmosphäre.