Unterwegs auf den Spuren des Ritters «El Cid»
Vivar del Cid/dpa. - Spanien feiert in diesem Jahr die Entstehung des Heldenepos «El Cantar del Mío Cid» vor 800 Jahren. Für Urlauber bietet das einen guten Grund, auf den Spuren des Ritters «El Cid» zu reisen - und ein ihnen oft unbekanntes Spanien zu erkunden.
«Ich soll Ihnen vom Cid erzählen?» Die Augen des Wirtes Javier Alonso leuchten. Er hat die Geschichte des spanischen Ritters Rodrigo Díaz de Vivar (1043-1099) bereits Tausende Male erzählt, doch auch jetzt kramt er rasch einige mittelalterliche Landkarten hervor und breitet auf dem Tisch einen Familienstammbaum des Ritters aus. Nervös schaut Javier Alonso sich um. Zwischen Gemälden und Ritterrüstungen fällt sein Blick auf ein altes Schriftstück, das in einem Rahmen an der Wand hängt. «Das ist eine Kopie der ersten Seite des 'El Cantar del Mío Cid'», sagt er und beginnt aus der Geschichte zu zitieren.
Bei dem Epos handelt es sich um eine Abschrift des Originals aus dem Jahr 1207. Acht spanische Provinzen feiern noch bis zum Ende des Jahres mit Konzerten, Ritterspielen und Ausstellungen ihren «Cid» - auch wenn sich nicht alle Heldengeschichten wirklich so abgespielt haben, wie der Epos sie schildert, sagt Alberto Luque vom «Consorcio del Cid». Die Vereinigung, in der die Regionen Burgos, Guadalajara, Soria, Saragossa, Teruel, Castellón, Valencia und Alicante versammelt sind, hat eine rund 2000 Kilometer lange Reiseroute erarbeitet. Auf dem «Camino del Cid» können Besucher den Spuren des Ritters folgen.
«Alles fing hier in Vivar del Cid, dem Geburtsort des Ritters, an», erzählt Javier Alonso. Der Name «El Cid» stamme vom arabischen «as-sayyid» und bedeute so viel wie «der Herr». Nur wenige Meter von Alonsos Restaurant entfernt liegt zum Beispiel das Kloster des Klarissen-Ordens, in dem 1596 die einzige Kopie des Epos' gefunden wurde. Manchmal zeigen die Nonnen Besuchern die alte Holztruhe, in der das Exemplar aufbewahrt war. Sie machen es umso lieber, wenn Gäste mit dem Kauf von Selbstgebackenem zu ihrem Unterhalt beitragen.
Im Jahr 1081 wurde der «Cid» von Kastiliens König Alfons VI. verbannt. Vorausgegangen waren mehrere Streits - unter anderem hatte der «Cid» im Kampf um die Krone die «falsche» Seite unterstützt. Seine erste Nacht auf dem Weg ins Exil verbrachte er in Burgos, wo er und seine Gemahlin Jimena heute in der Kathedrale begraben liegen. «Doch eigentlich gehören die Gebeine in unser Kloster», sagt Pater Jesús aus dem nur wenige Kilometer entfernten Kloster San Pedro de Cardeña. Dort war der Leichnam Jahrhunderte lang beigesetzt. Der betagte Mönch zeigt Besuchern die dafür verwendeten Steinsärge.
Bevor der «Cid» sich als eine Art Raubritter weiter in Richtung Saragossa begab, machte er auf seiner Reise auch in Santo Domingo de Silos Rast. Hier befindet sich eines der schönsten und wichtigsten Klöster Spaniens. Fünf Mal täglich finden sich die Mönche in der Klosterkirche zu ihren Gesängen zusammen. Der Weg in die Verbannung führte den «Cid» außerdem zu Festungen wie denen in Burgo de Osma und Gormaz. Heutige Besucher sollten sich die mittelalterlichen Anlagen und Dörfer nicht entgehen lassen. Die Burgen sind trotz ihrer enormen Dimensionen und den weiten Ausblicken auf die Landschaft nicht von Touristen überrannt. In Berlanga de Duero kann man sogar sicher sein, alleine die Burg besuchen zu können, in der auch der «Cid» einige Nächte weilte: Der Schlüssel muss im Rathaus abgeholt werden.
Ab Atienza führt die Reiseroute in die ehemals muslimischen Gebiete. Langsam geht dabei die hügelige Landschaft Kastiliens in die raue Bergwelt Aragóns und die Bergausläufer Teruels über - Regionen in Spanien, die nur selten von ausländischen Touristen besucht werden. Halb verlassene Steindörfer, in denen es nach Feuerholz riecht, säumen die wilde Gebirgslandschaft mit dichten Pinienwäldern. Versteckte Bergdörfer wie Albarracín, Rubielos de Mora oder Mirambel bezaubern mit ihrer Lage und den mittelalterlichen Gassen. Albarracín gilt als eines der schönsten Dörfer der iberischen Halbinsel.
Nach schweren Niederlagen der Kastilier gegen die Mauren kam es ab 1086 zur Wiederannäherung zwischen dem «Cid» und König Alfons VI. Nach und nach übernahm der Ritter die Schutzherrschaft über das mit Kastilien verbündete Fürstentum Valencia. Schließlich herrschte er in Valencia bis zu seinem Tod am 10. Juli 1099 als oberster Richter.
Wer sich abseits der Touristenhochburgen Valencia und Alicante auf die Spuren des «Cid» begibt, wird mit dem Besuch von Burgen wie Sax und Villena belohnt, die schon vor dem Jahr 1100 verwunschen zwischen Apfelsinen- und Weinplantagen empor ragten. Oder er entdeckt nach der Fahrt durch schöne Schluchten mittelalterliche Dörfer wie Bocairent. Ob auch der «Cid» hier durch die Altstadt und über die verträumten Steinbrücken gezogen ist, weiß man nicht. Sicher ist hingegen, dass er auf dem Eroberungszug in den maurischen Süden das Weihnachtsfest 1088 im Palmenpark von Elche verbracht hat. In der Stadt, die erst 1265 von den Mauren zurückerobert wurde, befindet sich mit bis zu 300 000 Bäumen heute noch die größte Ansammlung von Palmen in Europa.
Informationen: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Myliusstraße 14, 60323 Frankfurt; Telefon: 069/72 50 38, für Broschüren-Bestellung: 06123/991 34.
Tourismus-Informationen über Spanien: www.spain.info
Der «Camino del Cid» (spanisch): www.caminodelcid.org