Uni-Blog als neues Studenten-Forum
Erlangen/Nürnberg/dpa. - Der Mann in den dunkelblauen Birkenstock-Sandalen sieht traurig aus. An einem verregneten Sommertag hält er den Massen, die zu Mittag aus dem Kollegienhaus der Universität Erlangen strömen, die «Sozialistische Hochschulzeitung» entgegen.
10, 20, 30 Studenten gehen an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Das an vielen Universitäten anzutreffende Bild ist vielsagend: Das Interesse von Studenten an Hochschulpolitik liegt darnieder. Das hatte erst Anfang Juli wieder auch die niedrige Beteiligung an den Hochschulwahlen der Universität Erlangen gezeigt hat: Nur jeder zehnte Student hatte sich daran beteiligt.
Die Erkenntnis, dass Hochschulpolitik für die meisten Studierenden mit dem Gefühl behaftet ist, sowieso nichts ändern zu können, ließ die Studenten Florian Rampp und Philipp Schrögel neue Wege gehen: Sie bieten ihren Mitstudenten neuerdings mit dem Weblog «FAUNAchrichten» eine Plattform im Internet für den Austausch an.
Florian Rampp ist 22, Informatikstudent an der Friederich Alexander-Universität (FAU) und seit vergangenem Jahr auch Leiter des Referats für Öffentlichkeitsarbeit der Studierendenvertretung. Gemeinsam mit dem Physikstudenten Philipp, 24, der im studentischen Sprecherrat sitzt, will er vor allem eines wissen: Wohin fließen die Studiengebühren? Und zwar «nicht im Stil eines Debattierclubs».
Unter «fauna.uni-erlangen.de» kann jeder Studierende der FAU einen Beitrag verfassen die Besucher des Blogs dürfen ihn kommentieren. Momentan nutzen vor allem Fachschaftsvertreter das Angebot, um Treffen zur Vorbereitung ihrer Erstsemesteraktion anzukündigen. Gremienmitglieder berichten aus den Sitzungen. Florian achtet dabei auf die Vielfalt der Beiträge: «Wir wollen nicht zur reinen Party- oder Hochschulwahlplattform verkommen.»
Philipp, einer der aktivsten Blogger, will mit Berichten über seine Arbeit vor allem Mut machen: «Es ist wirklich sehr viel möglich. Im Sprecherrat habe ich die Erfahrung gemacht: Die Professoren hören auf uns.» Und nicht nur die. Zwei Anrufe, so berichtet er in einem seiner Blogbeiträge, hätten genügt, damit das Sprachenzentrum nach Halbierung der Kurskosten nicht noch zusätzlich Kopiergebühren verlangte.
Bei den Themen Eliteförderung oder Erhöhung des Studentenwerksbeitrags fliegen in den Kommentaren auch schon mal die Fetzen von stumpfen Sprüchen bis zu langen, recherchierten Artikeln aus der linken bis zur sozialliberalen Ecke ist alles dabei. Genau so hatten sich Florian und Philipp das vorgestellt.
Beim Betrachten der Blogger-Porträts mit Bild fällt allerdings auf: Unter den Autoren sind fast nur Männer. Außerdem glänzt die Philosophische Fakultät mit Abwesenheit; die bleibt lieber mit Debattenbeiträgen auf der eigenen Webseite «phil-fak.com» unter sich.
An Selbstkritik fehlt es den beiden Betreibern des Uni-Blog nicht: «Wir müssen die Seite einfach weiter verbessern. Zwar fehlt für einen Relaunch sowohl Zeit als auch ein Webmaster, doch bislang bekommen wir viel Lob von anderen Unis, die unser Konzept nun imitieren wollen. Wir machen nur zu wenig Werbung.»
Hinzukommen sollen ein Kalender für alle Termine der Universität, aller Fachschaftsinitiativen und mehr Infos zu den Bloggern. Außerdem erscheint zwei Mal im Jahr ein gedrucktes Magazin, das vielseitig über die Aktivitäten in den Gremien informiert, mit kritischen Kommentaren und Interviews. Da gewinnt man den Eindruck: 40 Jahre nach der Hochphase der Studentenbewegung finden Studierende mehr Gehör denn je in den Entscheidungsgremien deutscher Universitäten - «wenn sie sich nur konstruktiv einbringen», wie Philipp hinzufügt.
Uni-Blog Erlangen: Fauna.uni-erlangen.de
Forum der Philosophischen Fakultät Erlangen-Nürnberg: www.phil-fak.com