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Turnen Turnen: «Ich bin doch nicht Superman»

Von Frank Thomas 01.04.2009, 15:41
Fabian Hambüchen ist von dem Krisen-Gerede genervt. (FOTO: DPA)
Fabian Hambüchen ist von dem Krisen-Gerede genervt. (FOTO: DPA) epa

Mailand/dpa. - Trotz mehrerer Reck-Abstürze in den vergangenen Monaten will der Weltmeister das WortKrise nicht hören. «Man kann doch nicht von mir erwarten, dass ichdie ganze Welt immer in Grund und Boden turne. Ich bin doch nichtSuperman oder eine Maschine», sagte der Weltmeister einen Tag vorBeginn des europäischen Championats der «Sport Bild». «Krise hin,Krise her - Es gibt keine Krise. Ich bin mental fit», sagte er amMittwoch nach dem Podiumtraining in Mailand und wehrte sich vehementgegen Panikmache.

Auch im letzten Training misslang ihm zweimal der Kovacs-Salto,ehe er im dritten Versuch (Ausgang 6,9) nahezu perfekt gelang.Hingegen bereitete ihm das «Zitterpferd» diesmal keine Probleme. «ImPodiumtraining ist es selten, dass es mal optimal läuft. Es war heuteeher ein Fightclub. Am Ende war ich auch ganz schön müde», sagte derWetzlarer, der aber mit seinen Übungen am Boden und am Seitpferd sehrzufrieden sein durfte. Am Sprung und Barren schlichen sich hingegenimmer wieder kleine Fehler ein. «Am Reck haben mich zunächst dieAufbauten an der Hallendecke etwas geblendet. Aber dann ist ja allesgut gegangen. Ich bin guter Dinge», meinte der Hesse.

Hambüchen hatte zuvor keinen Hehl daraus gemacht, dass er sich indiesem Frühjahr noch nicht in der Top-Form fühlt wie in vergangenenJahren. Schon weit vor der EM hatte er eingeräumt, dass derWettkampf-Einstieg mit dem American Cup angesichts der Finger-Operation im Dezember zu früh erfolgt sei. Dennoch lastet auf dem 21Jahre alten Wetzlarer natürlich wieder die größte Medaillen-Erwartungim deutschen Team. Am Reck, an dem er schon 2005, 2006 und 2008 denEM-Titel gewann könnte er nun in der deutschen Hierarchie EberhardGienger (gleichfalls drei Titel), überholen. Auch am Boden, Barrenund vor allem im Mehrkampf besitzt er im Feld der 135 Turner besteChancen. Ein Erfolg im Sechskampf würde alle Kritiker stoppen: Nochnie zuvor gewann ein Deutscher die «Turn-Krone» bei WM oder EM.  

Dennoch spürt Hambüchen schon im noch frühen Turner-Alter, wie dieWettkampfserien immer umfangreicher werden und an den Kräften zehren.«Die Planung wird schwieriger, die Erholungsphasen immer kürzer.Insofern wäre es mir schon lieber, wenn die EM nur alle zwei Jahrestattfinden würde», sagte Hambüchen im Gespräch mit der dpa. AmFreitag und Samstag muss er gleich zwei komplette Mehrkämpfe inQualifikation und Finale präsentieren. «Das ist ein unglaublicherNachteil für die Mehrkämpfer. Ein totaler Anachronismus», sagt Coachund Vater Wolfgang Hambüchen.

«Seit Jahren reden wir, dass der Zeitplan verändert werden müsste:Am Donnerstag die Männer-Qualifikation, am Freitag die Frauen. DenFrauen fällt es mit ihren vier Geräten nicht so schwer, gleich einenTag darauf das Finale zu bestreiten wie den Männern mit ihren sechsGeräten. Aber es ändert sich nichts», fügte Wolfgang Hambüchen hinzu.So richtig ungerecht werde es, wenn ein Mehrkämpfer dann in denGerätefinals gegen einen Spezialisten antritt, der sich tagelang nurauf diesen einen Wettkampf vorbereiten konnte.

Die «Champions Trophy» mit acht Top-Turnern, die in diesem Jahrmit vier Veranstaltungen und einem Preisgeld von 200 000 Euro ihrePremiere erleben wird, soll dem Mehrkampf wieder neues Gewichtverleihen. Die Krux: Weitere vier Wettkämpfe im Kalender der Spitzen-Athleten. «Das ist sehr attraktiv. Aber eigentlich will ich dasGegenteil und nicht für Geld turnen. Andererseits finanziere ich michmomentan durch das Turnen. Da gilt es gut abzuwägen zwischenLeidenschaft und Attraktivität», sagt Hambüchen.