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Türkei Türkei: Fenerbahce Istanbul gibt Lorant Laufpass

Von Ingo Bierschwale 10.12.2002, 16:50
Werner Lorant - auch Istanbul hat ihn entlassen (Foto: dpa).)
Werner Lorant - auch Istanbul hat ihn entlassen (Foto: dpa).) dpa

Istanbul/dpa. - Werner Lorant ist bei Fenerbahce Istanbul gescheitert, doch das Kapitel Türkei will er noch nicht abschließen. «Mir hat es hier unheimlich gut gefallen», sagte er am Dienstag dem Internetdienst Sport1.de. «Ich werde mit Sicherheit noch einmal in der Türkei als Trainer arbeiten.» Er wisse jetzt, was er für Fehler gemacht habe.

Knapp ein Jahr konnte sich der einstige Trainer des TSV 1860 München beim Istanbuler Traditionsclub Fenerbahce halten. Angesichts des desolaten Zustandes des türkischen Vizemeisters zog die Vereinsführung am Montagabend die Notbremse. Für den silberhaarigen Coach, der, in die Enge gedrängt, selbst seinen Rücktritt erklärte und auf eine Abfindung verzichtete, geht damit eine wilde Achterbahnfahrt am Bosporus zu Ende.

Mit Fenerbahce war es Lorant nur selten vergönnt, Triumphe zu feiern. Der «historische» 6:0-Kantersieg im Prestigeduell mit dem Stadtrivalen Galatasaray, für den der Club Lorant zu dessem 54. Geburtstag mit einer Riesentorte beschenkte, war schnell wieder vergessen. Nachhaltig wirkten sich der verpasste Sprung in die Champions League und das klägliche Scheitern im UEFA-Pokal aus. «Das Champions-League-Aus-war ausschlaggebend», räumte Lorant zerknirscht ein. «Das hat sehr viele Leute beeinflusst. Sie hatten nur die Champions League im Kopf.»

Mit Disziplin hatte Lorant nach dem Rauswurf seines Vorgängers Mustafa Denizli im Dezember vergangenen Jahres wieder Ordnung in die Mannschaft bringen sollen. Stattdessen glitten ihm die Zügel immer mehr aus der Hand. Feindseligkeiten trugen die Spieler zuletzt offen auf dem Feld aus. So etwas wie Teamgeist gebe es nicht mehr, stellte Lorant resigniert fest.

Sein Glück will Fenerbahce jetzt mit dem bisherigen Lorant- Gehilfen Oguz Cetin probieren, mit dem Lorant offenbar gar nicht zurecht kam. «Ich hätte nie und nimmer alleine nach Istanbul gehen dürfen», sagt er auf die Frage nach seinem größten Fehler. «Ein kompletter Trainerstab an meiner Seite hätte mir vieles leichter gemacht.» Was er dagegen in letzter Zeit habe einstecken müssen, sei «unter die Gürtellinie» gegangen.

Prügel bezog Lorant denn auch am Dienstag noch einmal von Teilen der türkischen Presse. Jetzt sei der «Leidensweg» zu Ende, meinte das Sportblatt «Fotomac». Lorant habe einen «Trümmerhaufen zurück gelassen». Ins gleiche Horn stieß das Massenblatt «Hürriyet». Der Schaden, den Lorant der Mannschaft zugefügt habe, dürfe nicht nur an den Ergebnissen auf dem Spielfeld gemessen werden. «Die eigentlichen Verwüstungen hat er unter den Spielern angerichtet.» Mit seinen «unausgeglichenen Aktionen, seinen Launen und ständigen Wechseln» habe er die Spieler gegeneinander aufgebracht.

Mitfühlend gab sich dagegen die Sportzeitung «Fanatik». Eigentlich brauche sich Lorant nicht allzu sehr zu grämen. Wie andere Trainer vor ihm habe er bei Fenerbahce ein «schlimmeres Alleinsein» erlebt als die sprichwörtliche Einsamkeit des Torwarts. Auch nach seinem Abgang werde die türkische Presse an ihrer schlechten Gewohnheit festhalten, Trainer erst wie Könige in den Himmel zu heben, um sie niederzumachen, wenn die Dinge schlecht laufen.