Türkei Türkei: Daum muss von Polizei in Sicherheit gebracht werden

Istanbul/dpa. - Szenen der Verzweiflung, Randale im Stadion, undPolizeischutz für Christoph Daum: Das Comeback des deutschen Fußball-Lehrers bei Fenerbahce Istanbul mündete in ein Fiasko. Wie schon 2006verspielte der Favorit den sicher geglaubten Meistertitel im letztenSpiel, diesmal verlor er ihn an den krassen Außenseiter Bursaspor.«Wieder Daum, wieder eine Krise im letzten Moment. Wir haben einenFehler gemacht», wurde Clubchef Aziz Yildirim am Montag zitiert. Daumist schwer angezählt. Türkische Fußball-Kommentatoren schreiben, derAbschied des Deutschen, der Fenerbahce bei seinem ersten Engagement2004 und 2005 zum Titel geführt hatte, sei bereits ausgemachte Sache.
«Wer die Mannschaft nicht zum Meister macht, muss gehen», zitiertdie auflagenstärkste Zeitung «Hürriyet» am Montag Clubchef Yildrimmit einem Satz, der zum ungeschriebenen Gesetz geworden sei. Yildrimselbst hat nach dem Verlust des angepeilten Championats demonstrativseinen Rücktritt erklärt. Vereinsmanager werben nun allerdings darum,dass er doch weitermacht. In der türkischen Fußball-Welt dreht sichhingegen alles um die Frage, ob und wann Daum abtritt.
Traditionell gewinnen in der Türkei die Spieler, es verlieren aberimmer die Trainer - vor allem wenn sie aus dem Ausland kommen. DieClub-Anhänger reagierten auf die sportliche Katastrophe mit Wut undGewalt, nachdem Verfolger Bursaspor am Sonntag durch ein 2:1 überFeners Stadtrivalen Besiktas vorbeigezogen war, da der Daum-Club nurein 1:1 gegen Trabzonspor erzielte. Ein aufgebrachter Fener-Anhängerverschaffte sich mit einem Fußtritt sogar Zugang zum Presseraum.«Gebt uns Daum!», schrie der Fan, ehe die Polizei ihn abführte.
Der Coach blieb zweieinhalb Stunden in sicherer Deckung, ehe ermit Frau, Sohn und einem Club-Manager in einem Wagen der Zivilpolizeiaus dem Stadion in Sicherheit gebracht wurde. Für die kommenden Tageist auch vor den Wohnhäusern der einzelnen Fener-Profis Polizei inPosition gegangen. Die Spieler sollen vor ihren enttäuschten Fansgeschützt werden, bis sich die Gemüter etwas beruhigt haben.
Denn der Frust ist gewaltig, zumal vor zehn Tagen schon der ersteTiteltraum beim Traditionsclub geplatzt war. Fenerbahce verlor imKampf um den türkischen Pokal: Auch daran waren die Schwarzmeer-Kicker von Trabzonspor maßgeblich beteiligt.
«Wieder dieses Leid», schrieb «Fotospor» und sprach von einer«Blamage». «Fotogol» nannte das Saison-Abschneiden ein «historischesFiasko». Daum stehe vor der Auflösung seines Vertrages, will auch dieSportzeitung «Fanatik» wissen. Womöglich sei sein Abgang sogar schonvor dem Spiel klar gewesen. Da er dem Verein nicht den erwartetenErfolg gebracht habe, sei das kommende Trainingslager bereits ohneDaum geplant worden.