Tischtennis-EM Tischtennis-EM: Mitleid für Jörg Roßkopf
Courmayeur/dpa. - Mehr als ein Jahrzehnt hat Jörg Roßkopf oft den Alleinunterhalter im Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) gespielt. Doch im Team-Finale der Europameisterschaft von Courmayeur wurde der Rekordnationspieler erstmals zum tragischen Helden. Der Rollentausch schmerzte nicht nur den 33 Jahre alten Ausnahmesportler, der beim 1:3 gegen Weißrussland zwei Partien verlor. «Es tut mir vor allem für Rossi leid», fasste DTTB-Ehrenpräsident Hans Wilhelm Gäb die Stimmung nach der fünften Niederlage im fünften EM-Finale beim Abendessen im idyllisch gelegenen Mannschaftshotel Pilier Dangle zusammen.
Der Betroffene, gegen den es keinerlei Vorwürfe gab, versuchte, seine große Enttäuschung klein zu fahren. «Ich muss als Sportler akzeptieren, dass die Gegner stärker waren. Die EM geht für mich weiter», sagte Roßkopf. Sein wahres Gefühlsleben offenbarte sich nur ein Mal in der Pressekonferenz, als der Olympia-Dritte von 1996 einen Fragesteller, der sich nach dem Zeitpunkt des ersten EM-Titels für die DTTB-Herren erkundigte, in ungewöhnlich scharfer Form abkanzelte.
Häufig hatte Roßkopf der Mannschaft aus der Patsche geholfen. Diesmal, wo die Chance auf EM-Gold mit dem Weltranglisten-Ersten Timo Boll im Team so groß wie nie war, konnte er nicht helfen. Nach einer Verletzungspause von mehr als einem Jahr hatte sich der Europameister von 1992 mit großer Energie und Willensstärke im letzten Augenblick in das EM-Aufgebot gespielt. Erst seit Januar bestreitet er wieder Wettkämpfe. Die Zeit war zu kurz, um die volle Leistungsstärke zu erlangen.
Dennoch trauten ihm die DTTB-Trainer und auch Roßkopf sich selbst einen Sieg über den weißrussischen Defensivspieler Jewgeni Schetinin vom Bundesligisten TTG Müller Munscheid zu. «Einen Roßkopf kann man nachts aus dem Bett holen. Gegen einen Abwehrspieler gewinnt er immer», heißt es in der Branche. Doch «Abwehrkiller» Roßkopf - so Boll - verlor. Zu ungestüm griff er an, zu viele Vorhand-Schüsse landeten hinter dem Tisch, zu oft kullerten die Netz- und Kantenbälle des Weißrussen auf seine Seite.
Weil auch Europameister Boll das Spitzeneinzel gegen den überragenden Wladimir Samsonow verlor, war das DTTB-Team in diesem Finale laut Boll «völlig chancenlos.» Bei der Siegerehrung nahm Jörg Roßkopf seine 17. Medaille bei Welt- und Europa-Meisterschaften sowie Olympischen Spielen seit seinem ersten internationalen Auftritt 1985 in Empfang. Schade, dass sie silbern und nicht golden glänzte.