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Thüringen Thüringen: Altenburg feiert den «Prinzenraub»

Von Horst Heinz Grimm 09.02.2005, 12:55

Altenburg/dpa. - Heute haben hier wieder das Skatgericht als oberste Instanz in allen Streitfragen des Spiels und der Deutsche Skatverband ihren Sitz. Touristisch ist das Städtchen 45 Kilometer südlich von Leipzig wenig bekannt. Eine gewisse Tristesse im Straßenbild lässt sich auch nicht leugnen. Dies soll sich nun durch ein Festjahr ändern: «Wir planen von April bis Oktober ein großes Programm anlässlich des 550. Jahrestages des Sächsischen Prinzenraubs», sagt Susanne Stützner vom Kulturmanagement der Stadt.

Der «Sächsische Prinzenraub» im Jahr 1455 ging als ein in ganz Europa Aufsehen erregender Kriminalfall in die Geschichte ein. Weil Kurfürst Friedrich II von Sachsen, genannt «der Sanftmütige» dem Ritter Kunz von Kauffungen keine Entschädigung für seine Kriegskosten zahlte, entführte der Ritter Friedrichs 14- und 12-jährige Söhne Ernst und Albrecht. Sechs Tage später stellten die Häscher des Kurfürsten den Kidnapper auf der Flucht im Erzgebirge. In der Bergwerksstadt Freiberg starb er unter dem Schwert des Scharfrichters.

Die Entführung lieferte Stoff für volkstümliche Literatur und Theaterstücke. «Zuletzt gab es eine Aufführung in den dreißiger Jahren. In diesem Jahr kommt erstmals wieder ein Stück auf die Bühne, vor der Originalkulisse im Hof des Schlosses», erläutert Stützner. «Bis zu 700 Zuschauer finden bei den Vorstellungen zwischen dem 8. und 17. Juli Platz.» Auch Konzerte auf der aus dem 18. Jahrhundert stammenden Trost-Orgel in der Schlosskirche stehen auf dem Programm.

Wer die «Prinzenraub»-Festspiele verpasst, findet in Altenburg trotzdem lohnende Ziele: Erstmals erschien der Name Altenburg 976 in einem Dokument. Seit damals bauten die Herrscher auf einem die Stadt überragenden Felsen ihre mächtigen Schlossburg, deren ältester erhaltener Teil aus dem Jahr 1080 stammt. Die Anlage wurde von Feinden nie erobert, aber von ihren Bewohnern häufig umgebaut, zuletzt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Das Schloss beherbergt seit 1923 eine «Pilgerstätte» für Skat-Spieler. In den ehemaligen Residenzräumen stehen Schauvitrinen mit Spielkarten. «Das Spielkartenmuseum zeigt eine Auswahl aus dem Bestand von etwa 6000 Spielkarten aus mehreren Jahrhunderten, dazu Zubehör sowie die Nachbildung einer alten Kartenmacher-Werkstatt», sagt Direktorin Perdita Schachtschneider.

An die Gründungszeit des Museums erinnert die «Skatheimat», ein etwa 30 Quadratmeter großer Raum. Der Altenburger Maler Otto Pech mit dem Künstlernamen «Pix» gestaltete 1923 die Wände mit Figuren und Elementen aus dem Spiel. Berühmt sind seine liebevoll gezeichneten Spielkarten mit Tiermotiven, von denen Nachdrucke zu kaufen sind.

Spielkarten prägen auch heute das Leben der Stadt mit ihren etwa 40 000 Einwohnern: Der wichtigste privater Arbeitgeber ist die Spielkartenfabrik, die größte des Landes. Praktisch jedes Blatt, das heute zwischen Küste und Alpen ausgespielt wird, kommt aus Altenburg.

Informationen: Altenburger Tourismus-Information (Tel.: 03447/55 18 38).