1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Südafrika: Südafrika: Rassismus bleibt ein Dauerthema

Südafrika Südafrika: Rassismus bleibt ein Dauerthema

Von Laszlo Trankovits 15.06.2010, 17:46

Kapstadt/dpa. - Matthew Booth will nichts Besonderes sein. Aber er ist es. Der fast zwei Meter große, kahlköpfige Fußballprofi ist der einzige weiße Nationalspieler Südafrikas.Und der Innenverteidiger der «Bafana Bafana» hat eine schwarze Frau, die Ex-Schönheitskönigin Sonia Bonneventia. Auch 16 Jahren nach Ende der rassistischen Apartheid eine Seltenheit im Vielvölkerstaat. Denn die «Regenbogennation» trägt noch schwer an der Bürde der rassischen Unterschiede. «Rassismus ist tief eingebrannt in unseren Psychen», schrieb die Politologin nüchtern, Prof. Amanda Gouws Tief, im «Star».

Viele Südafrikaner hoffen, dass die Fußball-WM heilend auf die Wunden der Rassengegensätze wirken würde, dass das gigantische Fußball-Fest «zur Nation-Bildung beiträgt, ...das ist der größte Gewinn dieser WM», kommentierte die «Times». WM-Organisationschef Danny Jordaan verwies auf die «positive Wirkung der WM 2006 auf das Miteinander von Ost und West in Deutschland». Er verspreche sich «einen ähnlichen Effekt für das Zusammenleben der ethnischen Gruppen in Südafrika».

Der 33-jährige Booth ist nur widerwillig eine politische Symbolfigur. Er finde es absurd, dass ihn britische Medien als «weißen Ritter» stilisiert hätten. Die «Giraffe», so sein Spitzname, will als Südafrikaner, nicht als weißes Unikum in einer schwarzen Mannschaft, wahrgenommen werden. Er ist einer, der das Vermächtnis des Nationalhelden und ersten schwarzen Präsidenten, Nelson Mandela ernst nimmt und leben will. Der Visonär hat zwar in den 90er Jahren die historische Aufgabe gemeistert, nach den Gewalttaten des Apartheid-Systems und der Freiheitsbewegung einen Bürgerkrieg zu verhindern. Aber auch heute noch sind die Wunden der Apartheid längst noch nicht verheilt.

Wer als Weißer mit einer Farbigen in Kapstadt ein Restaurant betritt, bekommt befremdete Blicke zu spüren. Auch in Südafrikas Bars und Kneipen gibt es deutlich weniger gemischte Paare als in New York, Berlin oder Paris. Booth meinte im «Guardian», in Johannesburg würde sich kein Mensch mehr über ein schwarz-weißes Paar aufregen, nur auf dem Land wäre das anders. Eine recht optimistische Sicht. Selbst in den Metropolen leben die Rassen noch weitgegehend getrennt, sind Stadtteile klar weiß oder schwarz, in den Townships wohnen ohnehin fast nur Schwarz, in feinen Vororten meist nur Weiße.

Viele Schwarze, die 80 Prozent der 49 Millionen Südafrikaner stellen, glauben, dass es nach der Abschaffung der politischen Rassentrennung eine «ökonomische Apartheid» gebe. Tatsächlich ist die überwältigende Mehrheit der bitterarmen Millionen schwarz. Der Reichtum liegt nach wie vor in weißen Händen. Die politische Macht aber gehört der schwarzen ANC. Auch deshalb gibt es eine neue schwarze Mittelklasse, Manager und Firmenbosse, «Black Diamonds», die nicht selten nur Profiteure von Vetternwirtschaft und Kaderpolitik der ANC sind.

Rassisten gibt es auf allen Seiten. Als im April der Führer rechtsextremer Buren, Eugene Terreblanche, ermordet wurde, versammelten sich zehntausende fanatischer Rassisten beim Begräbnis.Und ehrgeizige schwarze Politiker wie der ANC-Jugendliga-Chef Julius Malema schüren mit giftigen Slogans, Liedern und Thesen den Hass auf Weiße und Reiche.

Wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert fühlen sich inzwischen alle.Weiße und «Farbige» beklagen Benachteiligungen auf allen Ebenen. Als besonders ungerecht empfinden sie die zahlreichen und umstrittenen Gesetze und Programme, die sicherstellen sollen, dass der Anteil der Schwarzen in Universitäten, Betrieben und Behörden steigt. Vor allem junge, weiße Akademiker klagen, dass sie heute keine Karrierechancen mehr an schwarz dominierten Institutionen hätten.

Die Hoffnungen auf die segensreiche Wirkung der WM sind nicht unbegründet. Legendär ist Mandelas genialer Impuls, 1996 demonstrativ Südafrikas Nationalteam im Rugby, dem populärsten Sport der Weißen, zu unterstützen. Der vom ganzen Land umjubelte Sieg Südafrikas bei der WM gilt als Meilenstein der Versöhnung. Kein Wunder dass heute weiße Politiker wie Hellen Zille, Oppositionsführerin und Ministerpräsidentin des Western Cape, seit Wochen nicht mehr ohne «Bafana Bafana» Schal auftreten. «Diese WM ist eine große Chance für unser Land», sagt sie. Ausnahmsweise stimmt sie da mit Präsident Jacob Zuma überein. Beide wissen, dass es ist noch ein langer Weg ist zu einem friedlichen, gerechten Miteinander zwischen den Rassen.