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Spanien Spanien: Ausschreitungen während Fußballspiels

Von Hubert Kahl 08.10.2003, 15:12
Schiedsrichter Jesús Tellez Sanchez (mitte) im Spiel der Castellon gegen Valencia beim King's Cup. Er entschied in der 81. Minute, das Spiel abzubrechen, nachdem ein Handy-Akku als Wurfgeschoß ihn am Kopf verletzte (Foto: Domenech Castell, dpa)
Schiedsrichter Jesús Tellez Sanchez (mitte) im Spiel der Castellon gegen Valencia beim King's Cup. Er entschied in der 81. Minute, das Spiel abzubrechen, nachdem ein Handy-Akku als Wurfgeschoß ihn am Kopf verletzte (Foto: Domenech Castell, dpa) EFE

Madrid/dpa. - Ein Fußball-Fan wurde zu Tode geprügelt, ein Schiedsrichter von einem Gewalttäter verletzt, ein Spiel musste abgebrochen werden - die erste Hauptrunde des spanischen Pokalwettbewerbs wurde von schweren Ausschreitungen überschattet. Beim Spiel zwischen SD Compostela und Deportivo La Coruña (0:1) wurde ein 31 Jahre alter Deportivo-Anhänger in der Nacht zum Mittwoch bei einer Schlägerei getötet. Fünf weitere Zuschauer und drei Polizisten wurden verletzt.

In der Partie zwischen dem Drittligisten CD Castellón und dem Erstliga-Club FC Valencia wurde der Schiedsrichter von einem Handy-Akku, den ein Zuschauer auf das Spielfeld geschleudert hatte, am Kopf getroffen und verletzt. Er hatte kurz zuvor in der 81. Minute beim Stand von 1:1 einen Elfmeter für Valencia gegeben. Der Strafstoß konnte nicht mehr ausgeführt werden. Der Unparteiische zog sich mit einer blutenden Kopfwunde in die Kabine zurück und ließ die Partie abbrechen. Der Fußballverband RFEF muss nun entscheiden, ob das Spiel mit einem Sieg für Valencia gewertet wird oder ob die fehlenden neun Minuten einschließlich des Elfmeters nachgeholt werden.

«Welch ein Horror!», empörte sich das Sportblatt «As» über die Zwischenfälle. Der La-Coruña-Anhänger Manuel Ríos Suárez wurde angeblich von Fans seines eigenen Vereins getötet. Der Vater von zwei Kindern habe beim Verlassen des Stadions einen Streit zwischen Deportivo-Fans und Anhängern von Compostela schlichten wollen, teilte die Polizei mit. Daraufhin hätten Mitglieder des radikalen Fanclubs «Riazor Blues» dem Mann so heftige Schläge und Tritte in den Unterleib versetzt, dass das Opfer einen Leberriss erlitten habe und an inneren Blutungen gestorben sei. Als der Mann in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, war er bereits tot.

Seine Ehefrau konnte nach Angaben der Polizei die Täter identifizieren. Nach ihnen wurde gefahndet. Schon während des galicischen Derbys zwischen dem Drittligisten Compostela und dem Spitzenclub La Coruña war es wiederholt zu Fan-Ausschreitungen gekommen. Die Polizei ging wiederholt mit Schlagstöcken und Gummigeschossen gegen die Gewalttäter vor. Sechs Hooligans wurden festgenommen.

Erst am Wochenende war in Spanien ein Fußballspiel der 4. Liga zwischen Langreo und Oviedo abgebrochen worden. Auf den Rängen war eine Massenschlägerei ausgebrochen, ein Messerstecher verletzte zwei Zuschauer. Seit Anfang der 90er Jahre wurden in Spanien wenigstens sechs Zuschauer bei Ausschreitungen von Fußballfans getötet. Zuletzt wurde 1998 ein Anhänger von Real Sociedad San Sebastián vor dem Stadion von Atlético Madrid erstochen. Insgesamt gilt die Atmosphäre in spanischen Stadien allerdings als weniger gewaltsam als in England oder Italien.

Das spanische Innenministerium rief die Anti-Gewalt-Kommission zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Das Gremium beschloss, die Zwischenfälle in Santiago de Compostela zu untersuchen. Danach solle über Sanktionen gegen die Gewalttäter und die Vereine entschieden werden. Die spanische Sportgerichtsbarkeit steht seit langem in der Kritik. Das Stadion des FC Barcelona war wegen Ausschreitungen vor einem Jahr für zwei Spiele gesperrt worden. Umgesetzt wurde diese Strafe nicht. Der Profi Carlos Gurpegui (Athletic Bilbao) war vor über einem Jahr positiv auf das Blutdopingmittel EPO getestet worden. Bis heute ist unklar, ob er gesperrt wird.