Ski alpin Ski alpin: Psychologe macht Ertl stark
Salt Lake City/dpa. - «Diese Medaillebedeutet mir sehr viel. Alle haben gesagt, was will die eigentlichnoch», sagte sie und widmete das Edelmetall sich selbst: «Ich habedie härteste Zeit gehabt.»
«Gratulation an Martina. Es ist schön, dass das deutsche Alpin-Team die erste Medaille gewonnen hat», befand Hilde Gerg kurz undknapp. Seit dem Rücktritt der dreifachen Olympiasiegerin KatjaSeizinger im Frühjahr 1999 streiten die beiden unterschiedlichenCharaktere mit ständig wechselndem Erfolg um die Rolle der Nummereins im DSV-Team und begegnen sich ausschließlich mit artigenFloskeln. Im Moment hat Ertl wieder Oberwasser.
Hilde Gerg dagegen droht ausgerechnet bei Olympia ins Tief zurutschen. Nach der Enttäuschung in der Abfahrt mit dem undankbarenvierten Platz schlägt am Sonntag im Super-G die Stunde der Wahrheit.Die im Vorfeld als sicherer Medaillentipp gehandelte Weltcup-Spitzenreiterin in der Disziplinwertung hat ihre letzte Chance aufEdelmetall. Doch mit den Bedingungen am Mount Allen steht sie nochauf Kriegsfuß: «Der Schnee ist so glatt.» Dabei wollte sie in derKombination mit dem Berg Frieden schließen. Nach einem erneutärgerlichen Patzer schied sie jedoch aus und flüchtete am Freitag ineine Kurzpause.
Für Martina Ertl hat sich die zweiwöchige Auszeit inklusiveSondertraining und intensiven Materialtests nach dem 64. Platz imRiesenslalom von Berchtesgaden Mitte Januar gelohnt. «Das habe icherstmal alles verdauen müssen, was da alles auf einen einstürzt.»Ertl, die Psychologen bislang gemieden hat wie der Teufel dasWeihwasser, begab sich sogar in Behandlung. «Ich war doch ziemlichverwirrt.» Gleich am Tag nach der Blamage sei sie «da hingefahren»,erzählte sie.
Thomas Baschab, schon beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgartunter Ralf Rangnick als Mentaltrainer tätig, brachte das «Sorgenkind»auf andere Gedanken. Konzentrationsübungen, das Überdenken derEinstellung - vor dem Rennen hat Ertl nun «ein System, wie ich dieVorbereitung mache.» Nachdem der Kopf frei und der Hauskrach mitTrainer Wolfgang Maier beendet ist, kann sie ihren Marktwert imSuper-G, im Slalom und vielleicht auch im Riesenslalom noch weitersteigern. Schon jetzt ist sie als einzige deutsche alpineSkisportlerin in der Werbung das ganze Jahr über präsent.
Im Super-G setzt der DSV-Coach, der die Unruhestifterin nach derBronze-Fahrt noch nicht einmal richtig in den Arm nahm, wieder aufMedaillen: «Ich tippe auf Gerg und Ertl». Ob der «Wolfi» das wirklichernst meinte, sagte er aber nicht. Während Hilde Gerg immerhin zweiWeltcupsiege im Super-G in diesem Winter herausfuhr, hat Martina Ertlals bestes Resultat nur einen 14. Platz zu Buche stehen. «Es war dieschlechteste Saison, seit ich mich erinnern kann. Aber ich bin eineKämpfernatur und kann immer wieder viel erreichen», sagte sie. InSalt Lake City hat sie dies bewiesen.