Ski alpin Ski alpin: Lanzinger aus künstlichem Koma erwacht

Oslo/Stuttgart/dpa. - Seine Eltern lassen mögliche Schadenersatzforderungengegen die Veranstalter des Weltcup-Super-G-Rennens inKvitfjell/Norwegen prüfen. Dort hatte der 27-jährige Lanzinger einenoffenen Schien- und Wadenbeinbruch sowie schwere Gefäßverletzungenerlitten.
«Man wird sich anschauen müssen, ob es bei der Organisation desRennens nicht zu schweren Versäumnissen gekommen ist. Vor allem istzu klären, ob ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegeben waren»,sagte der Wiener Anwalt Manfred Ainedter, der ein Mandat von MatthiasLanzingers Mutter übernommen hat, am Mittwoch der österreichischenPresse-Agentur APA.
Lanzinger soll in den nächsten Tagen in die SalzburgerUniversitätsklinik überführt werden. Laut dem Salzburger Gefäß-Chirurgen Thomas Hölzenbein, der dem Ärzte-Team bei der einstündigenNot-Operation angehört hatte, wurde das Bein unterhalb des Kniesamputiert. Wenn keine Komplikationen aufträten, könne Lanzinger ineinem Monat bis sechs Wochen mit der Rehabilitation beginnen. Diebetreuenden Ärzte des Osloer Ullevål-Krankenhauses teilten amMittwoch mit: «Postoperativ befand sich Lanzinger in einem stabilenZustand, so dass er gestern Abend noch aus dem künstlichen Tiefschlafgeholt werden konnte.»
Da Lanzinger vor seiner Einlieferung in die Osloer Uni-Klinikzunächst nach Lillehammer geflogen worden sei, sei möglicherweiseZeit verstrichen, «die Matthias Lanzinger letzten Endes das Beingekostet» habe, meinte Anwalt Ainedter. Zu Zwecken derBeweissicherung ließ Ainedter den amputierten Unterschenkelbeschlagnahmen. Der Salzburger Unfallchirurg Herbert Resch erklärtejedoch, dass eine Amputation auch bei schnellerem Transport hättenötig werden können. Gleichwohl habe der Zeitfaktor eine große Rollegespielt. Bis zu Lanzingers Einlieferung in Oslo seien fünf Stundenvergangen: «Fünf, sechs Stunden sind eine Grenzzeit, wo Gefahr höchstim Verzug ist.»
Die norwegischen Veranstalter des Kvitjell-Weltcups am Wochenendewiesen Kritik an einem angeblich fehlenden Rettungshubschrauber undzu langen Transportzeiten für Lanzinger zurück. OrganisationschefSvein Mundal sagte der Nachrichtenagentur NTB: «Wir hatten hier beiWeltcups schon immer einen Rettungshelikopter einsatzbereit, und sowar es auch am letzten Wochenende.» Aus Österreich war kritisiertworden, dass kein spezieller Rettungshubschrauber zur Verfügunggestanden habe, sondern ein Touristenhelikopter, bei dem zuerst nocheine Sitzbank ausgebaut werden musste.
Auch der Internationale Skiverband (FIS) wies Kritik zurück. «Diedramatischen Folgen für Lanzinger gehen uns unheimlich an die Nieren,aber man muss aufpassen, dass jetzt nicht alles miteinander vermischtwird», sagte Herren-Renndirektor Günter Hujara der «StuttgarterZeitung» (Mittwoch-Ausgabe). Er erinnerte daran, dass ein Fahrfehlerdie Ursache für den Sturz gewesen war. Auch FIS-Präsident Gian-FrancoKasper betonte: «Die Mannschaftsärzte vor Ort hatten dieSicherheitsmaßnahmen beim ersten Training für gut befunden.»
In seiner Heimat wurde Lanzinger große Anteilnahme zuteil. Aufseiner Homepage gingen rund 3 500 Gästebuch-Einträge mitGenesungswünschen und Aufheiterungen ein, zahlreicheBehindertensportler boten sich an, Lanzinger bei der Rückkehr in denAlltag zu helfen. Die österreichische Telekom ließ mitteilen, dassLanzinger «alle Türen für eine zukünftige berufliche Karriereoffenstehen».