Ski alpin Ski alpin: Höfl-Riesch gewinnt Gold in der Super-Kombination
SCHLADMING/MZ. - Das Zittern bis zum letzten Meter zählt zur Disziplin. Die Super-Kombination der alpinen Ski-Rennläufer wird nach der Abfahrt am Vormittag mit einem Slalomlauf abgeschlossen. Und die Kurverei durch den Stangenwald ist tückisch, weil die Profis auf der Suche nach der Ideallinie leicht mal ein Tor verpassen. Einfädeln nennen sie das. Es führt zur Disqualifikation.
Das Risiko kennt Maria Höfl-Riesch. In den beiden Slaloms vor den alpinen Ski-WM in Schladming war sie so übertrieben offensiv auf den Kursen unterwegs, dass in Flachau und in Maribor am Ende "DNF" in den Ergebnislisten stand. Das steht für das englische "Did Not Finish" - Rennen nicht beendet.
"Nicht das beste Gefühl"
Also ging sie am Freitag nach ihrem vierten Platz in der Abfahrt in Schladming mit der angebrachten Behutsamkeit zu Werke: "Ich hatte nicht das beste Gefühl. Das war ein schwerer Slalom, die Sicht war schlecht, der Berg schwer, und ich bin ein bisschen zu konservativ gefahren", sagte sie, "aber auf einmal war ich Weltmeisterin."
Vor der Siegerehrung hakte sich eine österreichische Zeremonienhelferin in grauer traditioneller Tracht bei ihr ein. Und unter der Mütze ihres Schoko-Sponsors kullerten kleine Tränen der Erleichterung die Wangen hinunter. Riesch siegte vor der Slowenin Tina Maze und der Österreicherin Nicole Hosp, die mit anti-konservativer Taktik ihrem Land am vierten Tag endlich die ersehnte erste Medaille sicherte: "Bei einer WM gibt's nur Gas geben: Hopp oder topp."
Die Überraschung der erfolgreichsten aktiven deutschen Ski-Rennläuferin über den eigenen Erfolg ist vielsagend. Höfl-Riesch - je zwei Mal Olympiasiegerin und Weltmeisterin, einmal Gesamtweltcup-Gewinnerin - hat trotz Rang zwei im Gesamtweltcup eine für ihre Verhältnisse enttäuschende Saison hinter sich. Dass die Slowenin Maze in diesem Jahr bisher im Weltcup so dominant fährt, liegt nur zum Teil in deren gewachsener Stärke begründet. Mindestens ebenso ausschlaggebend scheint, dass die großen zwei Konkurrentinnen der Vorjahre schwächeln: Lindsey Vonn beschloss ihre Seuchensaison am Dienstag mit einem Kreuzbandriss im Super G. Und auch Höfl-Riesch konnte am Freitag nur mühsam ihre höheren Ansprüche geheim halten. "Ich war nur zwei Mal auf dem Podium in dieser Saison, das muss man sich mal vorstellen", sagte sie. Es rutschte ihr eher versehentlich heraus.
Der Tag hatte einen vielversprechenden Anfang genommen. In der Abfahrt unter perfekten Bedingungen bei strahlender Sonne und eisigen Temperaturen waren Maze und die Österreicherin Anna Fenninger, die Titelverteidigerin, mit exakt derselben Zeit angekommen. Hinter Elisabeth Görgl, ebenfalls aus Österreich, war Höfl-Riesch ebenfalls exakt zeitgleich auf dem drei Kilometer langen Kurs. "Für die Abfahrt habe ich jetzt ein gutes Gefühl", sagte Höfl-Riesch, die sich nun am Sonntag unter den Medaillenanwärterinnen wähnt: "Vor der WM habe ich nicht zu den Favoritinnen in der Abfahrt gezählt, jetzt gehöre ich schon dazu."
Anschließend war Höfl-Riesch ohne viele Interviews direkt zur Reiteralm gerast und mit einem Motorschlitten drei Mal den Berg hinauf gefahren, um die Slalomschwünge professioneller zu üben als die Kolleginnen, die sich auf der Planai drängelten. Wegen einer Grippe vor der WM hatte sie drei Wochen lang nicht ausreichend trainieren können. "Weil die letzten Wochen nicht so gut liefen", sagte sie, "hat das letzte Selbstvertrauen gefehlt."
Ehemann empfahl Mentaltrainer
Ihr Ehemann Marcus Höfl hatte ihr daher schon empfohlen, einen Mentaltrainer zurate zu ziehen. Als sie das am Freitag erzählte, grinste sie zu ihm hinüber und der Blick hatte eine triumphierende Botschaft: "Ich hab' mich bisher immer dagegen gewehrt. Ich wollte mitten in der Saison nicht irgendwas anfangen, was ich bisher auch nicht gebraucht habe. Gott sei Dank habe ich heute gewonnen, ohne dass ich's gebraucht habe. Aber ich habe ernsthaft drüber nachgedacht."