Siemens verkauft Telefonanlagen-Bau SEN zur Hälfte
München/dpa. - Siemens hat seinen defizitären Telefonanlagen-Bau SEN einstweilen nur zur Hälfte verkaufen können. Der Mischkonzern bringt ihn in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem US-Finanzinvestor The Gores Group ein, der 51 Prozent übernimmt.
Da Siemens das Geschäft mit einer mehrere hundert Millionen Euro schweren Mitgift ausgestattet hat, droht nun im Schlussquartal (Ende September) ein Gewinneinbruch. «Wir bringen sehr viel Cash ein», sagte Finanzchef Joe Kaeser am Dienstag in München und schob nach: «Ich will über einen Verlust im vierten Quartal nicht spekulieren.» Die Anleger waren ohnehin auf hohe Belastungen vorbereitet; nach anfänglichem Minus lag die Siemens-Aktie am späten Nachmittag 1,32 Prozent im Plus bei 73,46 Euro.
Die restlichen 49 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen hält Siemens. Die Zusammenarbeit ist auf vorerst zwei Jahre angelegt. «Das heißt aber nicht, dass man die Zeit nicht im gegenseitigen Einvernehmen verkürzen könnte», sagte Kaeser. Erklärtes Ziel des Unternehmens ist es, sich ganz zurückzuziehen. SEN schreibt seit Jahren rote Zahlen; die Sparte wurde vom Wandel in der Branche überrollt. Waren früher Telefon- und Computernetz getrennt, so sind diese beiden Systeme mittlerweile zusammengewachsen. Software ist wichtiger als Hardware.
Analysten schätzen, dass der Mehrheitsverkauf von SEN das Siemens- Ergebnis um einen sehr hohen dreistelligen Millionenbetrag belasten wird. Kaeser widersprach dem auf Nachfrage nicht. Siemens hat die Schulden der Tochter vor dem Verkauf beglichen, die Kasse auf 500 Millionen Euro aufgestockt und will nun zum Abschluss weitere 175 Millionen Euro zuschießen, wie Kaeser sagte. «Wie im Februar angekündigt, übergeben wird das Geschäft mit einer soliden Finanzausstattung.»
Bereits der im vergangenen Jahr abgelöste ehemalige Konzernchef Klaus Kleinfeld hatte die SEN Siemens Enterprise Communications verkaufen wollen. Doch erst Nachfolger Peter Löscher forcierte die Trennung zum Jahresanfang. Statt die Sparte aber direkt zu verkaufen, startete er eine Sanierung. Hintergrund sind die negativen Erfahrungen mit der ehemaligen Handysparte BenQ Mobile, die kurz nach dem Verkauf an den taiwanesischen Elektronikkonzern BenQ Pleite ging.
Insgesamt sollen bei SEN 6800 der 17 500 Stellen wegfallen, ein guter Teil davon in Deutschland. Mit vielen Mitarbeitern hat Siemens bereits Übereinkünfte erzielt. Der Interims-Chef des neuen Gemeinschaftsunternehmen, der Amerikaner Mark Stone, sagte, er wolle den eingeschlagenen Umbaukurs beibehalten. Für das einzige deutsche Werk in Leipzig gilt weiter eine Bestandsgarantie bis 2011.
The Gores Group hat sich als Finanzinvestor auf die Telekommunikationsbranche spezialisiert. Der Finanzinvestor bringt seine beiden Beteiligungen Enterasys und SER Solutions in das Gemeinschaftsunternehmen mit ein. Die auf Sicherheitstechnik in Firmennetzwerken und auf Call-Center-Software spezialisierten Töchter machen zusammen einen Jahresumsatz von umgerechnet 240 Millionen Euro. SEN machte zuletzt 3,2 Milliarden Euro Umsatz und 602 Millionen Euro Verlust. Der neue Eigentümer will nun binnen sechs Monaten das Steuer herumreißen und das Geschäft profitabel machen.