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Seychellen Seychellen: Ein Urlaub im Überfluss

11.02.2003, 10:20
Auch hierher kann man in den Urlaub fliegen, wenn man über das nötige Geld verfügt: Stand mit Palmen auf den Seychellen. (Foto: dpa)
Auch hierher kann man in den Urlaub fliegen, wenn man über das nötige Geld verfügt: Stand mit Palmen auf den Seychellen. (Foto: dpa) Seychelles Tourist Office

Victoria/dpa. - Das Paradies liegt fast 1000 Kilometer vor der Küste Afrikas im Indischen Ozean. Davon war schon im 19. Jahrhundert der General Charles George Gordon überzeugt. Nach intensivem Studium sowohl der Bibel als auch der Botanik erklärte er, die Seychellen stellten das Zentrum des biblischen Garten Eden dar.

Auch heute noch versteht der Reisende schnell, wie ein britischer Kolonialbeamter auf diese etwas krause Idee kommen konnte: Die rund 80 000 Seychellois leben auf drei Hauptinseln und weiteren 100 spärlich besiedelten Eilanden unter Palmen und in unmittelbarer Nähe menschenleerer, weißer Strände.

Tropische Krankheiten sind hier unbekannt. Selbst in kalten Nächten sinkt das Thermometer nie unter 22 Grad Celsius. In den Wäldern wachsen neben zahlreichen tropischen Früchten die mythischen Meereskokosnüsse. Im klaren Wasser vor den Stränden tummeln sich Meeresschildkröten, Katzenhaie und Papageifische. Nur: das Paradies hat seinen Preis. Jedenfalls ist ein Aufenthalt auf den Seychellen kein Low-Budget-Urlaub.

Das Tor zum Archipel ist Mahé. Hier auf der Hauptinsel leben rund 90 Prozent der Seychellois. Die einzige Stadt des Inselstaats ist Victoria mit dem internationalen Flughafen. Die Spuren der kolonialen Vergangenheit sind noch deutlich zu erkennen: Zuerst hatten die Franzosen den damals unbesiedelten Archipel kolonialisiert. Später übernahm das britische Weltreich die Kontrolle.

Erst seit 1976 sind die Seychellen eine unabhängige Nation, die lange Zeit in einer Art Modellsozialismus gelebt hat. Fast gebärdet sich der Staat wie ein moderner, gewaltfreier Robin Hood. Man nimmt von den Reichen - den europäischen Urlaubern - und gibt den Armen, also der eigenen Bevölkerung. Echte Armut war und ist hier dank eines ausgeklügelten sozialen Systems jedoch kaum bekannt. So zahlt der Europäer mit den oft überteuert wirkenden Preisen in Hotels und Restaurants vor allem für den vergleichsweise hohen Lebensstandard der Einheimischen.

Die Zahl der Sehenswürdigkeiten in Victoria ist überschaubar. Da ist der kleine, lebhafte Markt, wo die Händler Obst, Fisch und Fleisch feil bieten. Hier steht die einzige Verkehrsampel der Inseln, etwas einsam und von den Fußgängern konsequent ignoriert. Kaum ein Urlauber bleibt lange in der Stadt. Schließlich bietet der Archipel andere Vorzüge.

Zum Beispiel La Digue. Der Flug mit dem Helikopter dauert ab Mahé nur wenige Minuten. Schon während des Anflugs stockt der Atem: Das Wasser schimmert kristallklar, die Strände leuchten einsam und weiß im Licht der Mittagssonne. Dann landet der Hubschrauber zwischen Palmen. Als er wieder abhebt, verschwindet mit ihm die letzte Spur der Zivilisation im blauen Tropenhimmel - so glaubt man zumindest.

«In den vergangenen Jahren hat sich hier schon so einiges verändert», sagt die deutsche Urlauberin Uschi Friedmann, die die Insel zum vierten Mal besucht. «Vor zwei Jahren hat man vielleicht ein Auto pro Tag gesehen. Jetzt ist es ein Auto alle 15 bis 30 Minuten.»

An der Westküste der Insel, wo die meisten der rund 3000 Einwohner leben, ziehen sich inzwischen ein paar Asphaltpisten durch den Dschungel. Schnell verschieben sich die Maßstäbe: «Das ist ja voll hier», maulen manche Urlauber an der Grand Anse beim Anblick der zwei Dutzend Badenden, die den etwa 500 Meter langen Strand bevölkern.

La Digue hat für jeden Geschmack einen eigenen Strand: Die Grand Anse bietet meterhohe Wellen in einer makellose weißen Bucht. Die Anse Patate wird von Schnorchlern geschätzt. Weltberühmt ist die Anse Source D'Argent: Zwar ist das Wasser zu seicht, um hier zu schwimmen. Doch die dunklen Felsen, die immer wieder aus dem Sand ragen, haben schon zahllose Film- und Fototeams als Location genutzt.

Auf den Seychellen sind die Fernsehspots für Rafaelo, Bounty oder Langnese entstanden. Kinostreifen wie «Castaway» oder «Die blaue Lagune» wurden hier abgedreht. Das Haus, in dem der Erotikfilm «Emanuelle» spielte, steht in unmittelbarer Nähe der Anse Source D´Argent. Heute dient es dem Präsidenten der Seychellen als Residenz.

Nach Einbruch der Dunkelheit beleuchten nur wenige Straßenlaternen auf La Digue den Weg. Wer auswärts essen möchte, muss sich mit der Taschenlampe vortasten. Auf der Speisekarte stehen unterschiedlichste Fischspezialitäten. Fisch darf auf keiner Tafel fehlen. Fleisch gilt dagegen als Luxus.

Wie auf den übrigen Inseln fehlen auf La Digue die großen Hotels. Ein Gesetz verbietet es Investoren, über die Wipfel der Palmen hinaus zu bauen. So bestehen die meisten Hotelanlagen aus einzelnen Bungalows. Die kleineren Hotels werden, wie auch viele Restaurants, von Familien geführt, die sich zwar alle Mühe geben, den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Aber Gastronomieprofis sind hier die wenigsten.

So lacht die Kellnerin Anna Duprés schallend, als sie von den Versuchen der Regierung erzählt, allgemeine Standards in der Branche zu etablieren: «Da war dieser Lehrer auf La Digue, der uns alle in Deutsch unterrichten sollte, so dass wir besser mit den Gästen reden können. Aber ich war nur vier Mal da», erzählt sie, während sie das Abendessen serviert. «Das war mir viel zu kompliziert. Nur ein Wort habe ich behalten: Frühstück.»

Warum sollte man sich hier auf den Seychellen auch unnötigen Stress bereiten? Die Hotels sind gut gebucht. 130 000 Urlauber waren 2001 hier. Viel mehr, so sind sich die Seychellois mit ihrer Regierung einig, sollten es auch nicht mehr werden. Man möchte hier lieber wenige, zahlungskräftige Touristen sehen statt Scharen von Schnäppchenurlaubern. Und tatsächlich: Ohne zu murren zahlen die Europäer hier Preise, die schon in Hamburg oder Berlin als stolz gelten würden: Ab 25 Euro für ein üppiges, aber einfaches Mittagsbuffet, ab 50 Euro für ein schlichtes Zimmer ohne Klimaanlage.

Nach oben sind die Preise praktisch offen. Auf der fast unberührten Privatinsel Frégate beispielsweise stehen die exklusiven Villen der Frégate Island Lodge, die für rund 1800 Euro pro Tag zu mieten sind. Hier steigen, wie auch in den anderen Luxushotels des Archipels, oft Prominente wie Fußballstar David Beckham mit Ehefrau und Ex-Spice-Girl Victoria ab.

Typisch für die Seychellen ist auch ein ungeheurer Reichtum an Mythen: Immer wieder kursieren Geschichten über Schätze, die Piraten hier vor Jahrhunderten vergraben haben sollen. Der Engländer Reginald Cruise-Wilkins begann 1948 sogar mit Ausgrabungen am Strand von Bel Ombre auf Mahé, wo er den Schatz des gehängten Piraten Le Vasseur vermutete. Seine Söhne setzen die Arbeit bis heute erfolglos fort.

Sagenumwoben ist auch die Koko Dmer, eine der Kokosnuss verwandte Frucht, die bis zu 20 Kilogramm schwer wird. Die so genannte Meereskoksnuss wächst nur auf den Inseln Praslin und Curieuse. Auf den übrigen Seychellen und auf den benachbarten Kontinenten ist sie ausgestorben.

In stürmischen Nächten, so sagen die Einheimischen, vereinigen sich die männlichen und die weiblichen Koko-Dmer-Palmen. Jeder Mensch, der es wagt, ihr Liebesspiel zu beobachten, stirbt der Legende nach. Nicht zuletzt die Koko Dmer überzeugte den Kolonialbeamten Charles George Gordon, mit den Seychellen den Garten Eden wieder entdeckt zu haben. Er hielt die Palme der Meereskokosnuss für den biblischen Baum der Versuchung.

Fast wird Gordon heute von den Geologen bestätigt. Für sie steht fest, dass vor Urzeiten die Kontinente Südamerika, Afrika und Asien zu einer gigantischen Landmasse mit dem Namen Gondwana vereint waren. Als der Urkontinent auseinander brach, blieben an der Nahtstelle mehrere kleinere Inseln zurück: die Seychellen.

INFO-KASTEN: Seychellen

REISEZIEL: Weit vor der Ostküste Afrikas liegen im Indischen Ozean die rund 100 Inseln der Seychellen. Sie verteilen sich auf mehrere Inselgruppen. Nennenswert besiedelt sind nur die Inneren Seychellen mit den Hauptinseln Mahé, Praslin und La Digue.

ANREISE UND FORMALITÄTEN: Air Seychelles und Condor fliegen Mahé von München beziehungsweise Frankfurt/Main an. Deutsche benötigen einen Reisepass, der sechs Monate über den geplanten Aufenthalt hinaus gültig sein sollte. Außerdem müssen bei der Einreise ein Rückflugticket, eine im Voraus bezahlte Hotelbuchung für die ersten drei Übernachtungen und ausreichende finanzielle Mittel für den geplanten Aufenthalt vorgewiesen werden.

UNTERKUNFT: Ab 50 Euro pro Person im Doppelzimmer lässt sich eine Unterkunft in einem Hotel der unteren Mittelklasse buchen. Ein höherer Preis ist keine Garantie für ein besseres Zimmer. Die Kriterien, nach denen die Hotels auf den Seychellen mit Sternen ausgezeichnet werden, sind kaum nachvollziehbar. Nach oben sind den Preisen kaum Grenzen gesetzt.

GESUNDHEIT: Tropenkrankheiten sind auf den Seychellen unbekannt. Besondere Impfungen sind nicht erforderlich. Das Leitungswasser ist trinkbar.

WÄHRUNG: Ein Euro ist etwa sechs Seychellen-Rupies wert. Euro werden fast überall akzeptiert. Auch mit Kreditkarten lässt sich in vielen Hotels und Restaurants bezahlen.

ZEITUNTERSCHIED: Mitteleuropäische Zeit plus zwei Stunden.

SPRACHE: Die meisten Seychellois sprechen neben Kreolisch auch Englisch und Französisch.

REISEZEIT UND KLIMA: Große jahreszeitliche Klimaschwankungen gibt es kaum. Nachts liegen die Temperaturen zwischen 24 und 27 Grad, am Tag zwischen 27 und 32 Grad Celsius.

INFORMATIONEN: Seychelles Tourist Office, Blue Marketing GmbH, Herzogspitalstraße 5, 80331 München (Tel.: 089/23 66 21 69)