Sebastian Boenisch Sebastian Boenisch: Der Feind in meiner Besprechung
Leverkusen/SID. - Sebastian Boenisch sah nicht aus wie ein Klischee-Spion, dafür fehlten Trenchcoat und Hut. Mit kariertem Hemd, grauem Schal und seiner Freundin Tatjana war der Pole in die BayArena gekommen - und mit einem Vertrag von Bayer Leverkusen in der Tasche, frisch unterschrieben am Sonntagmorgen.
Das entbehrte nicht einer gewissen Pikanterie, denn bis Freitag hatte Boenisch sich bei Fortuna Düsseldorf fitgehalten, Leverkusens Gegner in der Fußball-Bundesliga am Sonntagnachmittag. Boenisch war auch bei mindestens einer Besprechung dabei. Werks(elf)-Spionage? Nach dem 3:2 (2:1) für Bayer war die Personalie jedenfalls durchaus ein Aufreger.
„Ganz mieser Stil“ sei das von Boenisch, sagte Düsseldorfs Finanzvorstand Paul Jäger der Bild-Zeitung, „das lässt tief auf den Charakter des Spielers blicken.“ Seit Dienstag hatte sich der vertragslose Boenisch in Düsseldorf, seinem Wohnort, fitgehalten, und er erschien dafür einigermaßen dankbar. Dann kam Rudi Völler, ebenfalls wohnhaft in Düsseldorf. Ein konspiratives Mittagessen, „geschmeckt hat es auch“, wie Völler schelmisch grinsend berichtete. „Ich wohne ja auch in Düsseldorf, da waren die Wege kurz.“ Über Jägers Attacke, die von anderen Fortuna-Verantwortlichen als absolut überflüssig angesehen wird, sagte er im Gespräch mit dem SID am Montag, diese dürfe man „nicht auf die Goldwaage legen“. Die ganze Geschichte trage für ihn „Züge einer Satire“.
An der Abschlussbesprechung am Samstag jedenfalls hatte Boenisch, der sich in Düsseldorf laut Völler „noch vernünftig verabschieden wird“, nicht teilgenommen. Der Spieler selbst, der den verletzten Michal Kadlec als Linksverteidiger ersetzen soll, gab in der Pressemitteilung nur die üblichen Phrasen zu Protokoll. Ambitionierter Verein, große Chance, was man eben so sagt, wenn man unterschrieben hat. Über Düsseldorf sprach er nicht - dabei war das Timing des Wechsels unglücklich.
Aber war es auch verwerflich? Fortuna-Trainer Norbert Meier findet das nicht. „Es war ein normaler Vorgang, nichts, was Anlass zu Ärger geben würde“, sagte Meier. Von anderer Seite war sogar zu hören, Paul Jäger habe sich in Unkenntnis der Sachlage vom Boulevard „benutzen lassen“. Dabei hätte Boenisch auch der Fortuna recht gut zu Gesicht gestanden, es wurde heftig über einen Wechsel spekuliert. Dazu kam es nicht, weil Leverkusen sportlich und finanziell die attraktivere Adresse ist.
Immerhin befindet sich Bayer nach vier Siegen in drei Wettbewerben innerhalb von elf Tagen auf dem Weg zu einer Spitzenmannschaft. Sidney Sam (16.), Andre Schürrle (41.) und nach „Rot“ für Simon Rolfes (63.) in Unterzahl Gonzalo Castro (86.) hatten für Bayer getroffen, Nando Rafael (40.) und Adam Bodzek (86.) für Düsseldorf. „Wir wollen international spielen“, sagte Völler, „aber sind immer im Wissen, dass Bayern München in einer anderen Liga spielt.“ Die erste Mannschaft des Rekordmeisters sei „kaum zu schlagen“, obwohl Bayer dies zuletzt auswärts gelungen war (2:1), und auch gegen die B-Elf „schaffen das in der Bundesliga nur vier oder fünf Vereine“. Fortuna Düsseldorf gehört vermutlich nicht dazu.
Vier Liga-Spiele in Serie haben die Düsseldorfer verloren, gegen 1899 Hoffenheim am Samstag muss wieder mindestens ein Punktgewinn her. Besonders die Abwehr, vielgerühmt nach einem guten Saisonstart, ist eine Baustelle. Boenisch hätte dort sicher geholfen.