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Schwimmen Schwimmen: Startschuss für die Saison eins nach dem Triumphzug

Von PETRA SZAG 17.09.2009, 19:43

LEIPZIG/MZ. - Nach einer kurzen Verschnaufpause am Beckenrand entlässt Trainer Frank Embacher den schnellsten Mann der Welt im Wasser ins benachbarte große Becken. Zum "Kachelzählen", wie Schwimmer die langen Trainingsdistanzen bezeichnen.

In einem Strömungskanal wird per Computer ein Wasserstrom erzeugt. "So können wir sehen, ob die Technik noch da ist", erklärt Embacher. Weil die eigene Trainingsstätte gesperrt ist, nutzen die Hallenser die Einrichtung in Leipzig. Für Paul Biedermann ist es zugleich der Startschuss in die neue Saison, nachdem er bei der WM in Rom zwei Titel mit Weltrekord gewonnen und danach im Urlaub Kräfte gesammelt hatte.

Drei Wochen lang hatte er sich abgeschottet. Keine Interviews, Talk-Shows oder öffentliche Termine. Stattdessen ein Abstecher mit Vater Frank zum Angeln an die Ostsee. Und sonst? "Nichts", sagt Biedermann und verteidigt seinen kompletten Rückzug: "Die Pause war wichtig für den Kopf."

Angst, dass das Interesse an ihm als potenzieller Werbeträger abflacht, hatte er nicht. "Wenn man sich rar macht, steigert das doch nur das Interesse", argumentiert Biedermann. Seine Managerin Claudia Lindner geht diesen Weg mit. "Die WM hat viel Kraft gekostet. Und im Frühjahr war Paul ja an einer Epstein-Barr-Virusinfektion erkrankt. Deshalb war die Auszeit nötig. Wir haben seinen Wunsch respektiert." Leerlauf gab es für die Chefin der Heidelberger Albus-Agentur nicht. Sie habe die Zeit genutzt, um Angebote aus der Wirtschaft zu sondieren. "Pauls Marktwert ist ungeheuer gestiegen. Wir haben viele Anfragen. Das ist eine super Ausgangsbasis", weiß Lindner. Mit einem Unternehmen sei man kurz vor Vertragsabschluss.

Bei den Fanartikeln sind sie schon weiter. T-Shirts mit seinem Namenszug im Heavy-Metal-Stil, an deren Entwurf sich der Rammstein-, AC / DC- und Metallica-Fan Biedermann kreativ beteiligt hat, sind schon produziert. "10 000 Stück sind in die USA und nach China verkauft", sagt Lindner.

Auch Biedermanns Medienpräsenz will sie am Laufen halten. Seinem Fernsehauftritt bei "Stern-TV" vor neun Tagen werden in diesem Jahr vier weitere folgen. Schlotternde Knie hat der 23-Jährige längst nicht mehr. "Das ist wie im Training. Je öfter man das macht, umso routinierter wird man. Heute bin ich bei einem Wettkampf aufgeregter als bei Jauch auf der Coach", behauptet Biedermann. Was ihm wichtig ist: Er bestimme weiterhin, was über sein Privatleben preisgegeben wird.

Dass er seinen Eltern Kostgeld gibt und auch mal einen Wochenendeinkauf für die Familie bezahlt, hat er bereitwillig erzählt. Auch, dass er bald die Fahrerlaubnis macht. Über seine beruflichen Pläne redet er ebenfalls offen. Die Ablehnung seiner Bewerbung an der Polizeischule Aschersleben wegen einer Rot-Grün-Augenschwäche habe ihn nicht in eine Lebenskrise gestürzt, sagt der Abiturient. Und seine Studienpläne sind auf Eis gelegt. Vorerst bleibe er Praktikant bei den Wasserwerken. "Bis 2012 will ich mich aufs Schwimmen konzentrieren", sagt er. Durch die in Aussicht stehenden Werbeverträge könnte er seinen Sport als Vollprofi ausüben.

Die aktuellen Zwänge sind andersartig. Die gibt der Trainer vor. Den Belastungswettkampf am Samstag in Bitterfeld zum Beispiel. Nach einer Woche Urlaub mit Freundin Juliane im Club der Besten in der Türkei und einem Trainingscamp in der Schweiz geht es Schlag auf Schlag. Bei sieben Wettkämpfen in acht Wochen will sich Biedermann an seinen Erfolgen von Rom messen lassen.