Schwimmen Schwimmen: Groß befürchtet Untergang seines Sports

Hamburg/Frankfurt/dpa. - Der dreifache Olympiasieger und fünfmalige Weltmeisteraus Frankfurt/Main sieht seinen Sport angesichts von Anzug-Diskussionund Rekordflut vor dem Untergang. «Der Schwimmsport läuft Gefahr,sich ins Abseits zu manövrieren», sagte der 44-Jährige in einemGespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die körperliche undschwimmerische Leistungsfähigkeit gerate immer mehr in denHintergrund. Groß: «Im Prinzip ist es ja eine Technologie-Schlachtgeworden, die sogar die Doping-Diskussion überdeckt. Das ist für denSchwimmsport eine völlige Fehlentwicklung.»
Auf Dauer sei dies eine Gefahr für den Kern des Schwimmsports, indem die eigene Leistungsfähigkeit im Vordergrund stehen müsse, sagteder promovierte Medienwissenschaftler. Der Materialschlacht und derWeltrekord-Inflation mit über 100 Bestzeiten in dieser Saison müsseschnell und effektiv begegnet werden. «Zurück zu Badehose undBadeanzug» zum Beispiel. Groß: «Eine Möglichkeit wäre aber einEinheitsanzug wie beim Skispringen.» Um Sponsoren gerecht zu werden,könnten entsprechende Flächen auf dem Anzug für Werbung freigegebenwerden. Der jetzige «Kuddelmuddel» würde Geldgeber langfristig eherabschrecken und dem Schwimmsport so auch die finanzielle Grundlageentziehen. Groß: «Wer soll sich im internationalen Schwimmsport nochengagieren, wenn die Leistung nicht mehr transparent ist?»
«Der Reiz ist ziemlich weg», stellte «Albatros» Groß,Olympiasieger 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul, auch mit Blickauf sein eigenes Interesse am Schwimmsport fest. «Ich bin froh, dasswir damals diese Diskussionen nicht hatten. Das Schlimme aber ist,dass der Reiz auch für die Schwimmer langsam weg ist nach dem Motto:Ich kann mich hier abzappeln wie ich will, es gewinnt der Anzug.»
Medienwissenschaftler Groß hat Veränderungen ausgemacht, die denSchwimmsport immer mehr in Erklärungsnot bringen. Die globaleVerteilung spreche dafür, «dass ein großer Teil der Rekorde in diesemJahr mit den Anzügen zu tun hat». Zugleich hätten aber auch Athletenextreme Leistungssprünge oder extreme Programme hingelegt. «Waswiederum nichts mit dem Anzug zu tun hat. Das sind Auffälligkeiten,die kann ich mir nicht erklären», sagt Groß, «ob da gedopt wird, kannich nicht sagen. So lange nichts bewiesen ist, gilt die Unschulds-Vermutung.» Was der Schwimmsport jetzt brauche, so Deutschlandsviermaliger Sportler des Jahres, «ist der Mut zum Umdenken».
Groß studierte Germanistik, politische Wissenschaften undMedienwissenschaften und promovierte 1994 über «Ästhetik undÖffentlichkeit: Die Publizistik der Weimarer Klassik». Heute ist erInhaber einer PR-Agentur in Frankfurt/Main.