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Schiedsrichter Schiedsrichter: 8. November 1975: Ein legendärer Abpfiff

Von Morten Ritter 10.02.2004, 16:51
Der Oberhausener Fußball-Bundesliga-Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder in einer undatierten Archivaufnahme vom April 1987. Ahlenfelder geriet Mitte der 70er unvermittelt in die Schlagzeilen, als er beim Duell Werder Bremen - Hannover 96 die erste Halbzeit schon nach 30 Minuten abpfiff. (Foto: dpa)
Der Oberhausener Fußball-Bundesliga-Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder in einer undatierten Archivaufnahme vom April 1987. Ahlenfelder geriet Mitte der 70er unvermittelt in die Schlagzeilen, als er beim Duell Werder Bremen - Hannover 96 die erste Halbzeit schon nach 30 Minuten abpfiff. (Foto: dpa) dpa

Oberhausen/dpa. - Ein legendärer Pfiff machte ihn berühmt und ging in die Annalen der Fußball-Geschichte ein. Am 8. November 1975 beendete der Oberhausener Bundesliga-Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder die erste Halbzeit zwischen Werder Bremen und Hannover 96 bereits nach 29 Minuten. «Da gucke ich auf die viel zu kleine Uhr, und es war erst vier. Das ging mir schon unter die Haut», sagte der beliebte und beleibte Unparteiische, der am Mittwoch seinen 60. Geburtstag feiert. «Die haben natürlich alle gedacht, ich bin besoffen, war ich aber nicht. Ich habe zum Mittagessen nur ein Bier und einen Schnaps getrunken. Wir sind doch Männer und trinken keine Fanta», versicherte Ahlenfelder.

An den Nachmittag im Bremer Weserstadion erinnert sich der kommunikationsfreudige Unparteiische, als sei es gestern gewesen. «Mein Linienrichter fuchtelte immer mit der Fahne rum, und dann habe ich den Ball genommen und die Partie nach einem Schiedsrichterball für elf Minuten fortgeführt», sagte der Oberhausener, dessen Karriere schon fast zu enden drohte, ehe er noch einmal «vorpfeifen» durfte. «Da habe ich mich dann zusammengenommen und mir vorher gesagt, sauf nicht so viel», meinte Ahlenfelder, der es in der Zeit von 1975 bis 1988 auf 106 Bundesligaspiele brachte.

So nett ihn die Profi wegen seiner lustigen Art fanden, so groß waren die Probleme mit den Verbansfunktionären: «Ich habe mich mit allen angelegt und meinen Mund nie gehalten. Die meisten Kollegen und Spieler haben mich dafür gelobt. Da bin ich stolz drauf.» Mit den Kickern pflegte «Ahli», der wegen seiner übertriebenen Mimik und Gestik oft wie ein Unikum wirkte, einen freundschaftlichen Umgang. Willi Lippens habe er wegen seiner provozierenden Art mal vor einem Foul seines Gegenspielers gewarnt. Als der trickreiche Außenstürmer dann von den Beinen geholt wurde, sagte Ahlenfelder: «Siehste Willi, datt hasse nun davon.»

Kritik an den Funktionären hat der Referee auch heute noch parat. «Die Einführung des vierten Schiedsrichters ist doch eine Lachnummer. Da hält dieser Sesselfurzer für 1500 Euro die Tafel hoch und soll aufpassen, dass die Trainer ihre Zone nicht verlassen. Das hätte es bei Ahlenfelder nicht gegeben. Ich habe dem Otto Rehhagel früher gesagt, wenn du nicht sitzen bleibst, kriegste Pattex unter den Hintern. Da blieb der sitzen», sagte Ahlenfelder, der vom DFB weder für Pokal-Endspiele noch für internationale Turniere nominiert wurde.

Viele seiner Freunde und Bekannten haben ihm geraten, seine Anekdoten in einem Buch zu veröffentlichen. «Aber das konnte ich nicht machen. Da wäre manchem die Schädeldecke fliegen gegangen. Wahrscheinlich hätte es auch einige Scheidungen geben», sagte der ehemalige Unparteiische, der seine eigene Philosophie hatte. «Ich konnte ein Schnäpschen trinken und hinterher ein Spiel pfeifen. Manche Sportlerinnen und Sportler haben vor einem Wettkampf auch drei Mal Sex und bringen ihre Leistung.»

Seit zwei Jahren genießt der gelernte Industriekaufmann seinen Vorruhestand. Dass die Kollegen heute 3000 Euro für ihren Job mit der Pfeife erhalten und er damals nur 24 Mark erhielt, stört ihn wenig: «Ich brauche nur 15 Euro für ein Pilsken und Frikadellen.» So zünftig gehts dann auch beim 60. zu. «Wir feiern im kleinen Kreis, und meine Frau macht Kartoffelsalat für unsere Stammkneipe.» Angestoßen wird dann natürlich mit Bier und einem Schnäpschen...