Savoy-Hotel in London Savoy-Hotel in London: Sehr englisch und sehr exzentrisch

London/dpa. - Bedauerlich findet Anton Edelmann allerdings, dass er nur seltenLandsleute in dem mit Eibenholz beschlagenen «Savoy Grill» oder im«River Restaurant» mit Blick über die Themse begrüßen kann. «DieDeutschen sind geizig, das sind Sparer», sagt der Küchenchef.
Wer sparsam ist, hat im Savoy in der Tat nichts verloren. EineNacht kostet im günstigsten Fall und im billigsten Zimmer mehr als306 Euro (600 Mark). Und dann hat man noch nicht mal das, wofür vieleGäste immer wieder zurückkommen: den spektakulären Blick über denFluss, von den Parlamentsgebäuden bis zur St. Pauls-Kathedrale. Fürdieses Panorama mietete sich einst Claude Monet im obersten Stock einund malte die Brücken von London.
Die Zimmer im Savoy sind gediegen eingerichtet, aber mitbritischem Understatement. Wer hier residiert - denn man übernachtethier nicht, man residiert - der hat Protzerei nicht nötig. Und erschätzt es, in der Gewissheit schlafen zu gehen, dass er jederzeitnach einer Unze Beluga-Kaviar verlangen könnte. Außerdem weiß er,dass er in diesem Haus - wie einst Elton John - sein Bad überlaufenlassen und eine Überschwemmung anrichten kann, ohne dass er beimPersonal auch nur den leisesten Anflug von Verärgerung bemerken wird.
Wenn man als Normalsterblicher das Savoy kennen lernen will, dannsollte man dort den Afternoon Tea einnehmen. Das kostet 22 Pfund(35,45 Euro/69,33 Mark), so viel wie ein Abendessen in einembeliebigen Londoner Restaurant, das man wahrscheinlich nach demletzten Bissen vergessen hat. Die Tea Time im Thames Foyer des Savoymit Butler, Klaviermusik und Rosinenbrötchen dagegen vergisst man niemehr.
Das war schon immer so. Hier hatte der Schriftsteller Oscar Wildeseinen ersten lautstarken Streit mit Lord Queensbury, dem Vaterseines jugendlichen Liebhabers, der ihn später ins Zuchthaus bringensollte. Hier brach Queen Mum mit der Hofetikette, indem sie spontanaufstand und applaudierte, als Maria Callas hereinkam. Derösterreichische Opernsänger Richard Tauber unterschrieb auf derRückseite einer Speisekarte seinen ersten englischen Vertrag.
Das Savoy ist vielleicht das englischste aller Hotels. Natürlichist es alt, wie alles typisch Englische. Als es am 6. August 1889eröffnet wurde, erregten vor allem seine «steigenden Salons» - dieAufzüge - und seine 67 Badezimmer großes Aufsehen. Ob man etwaamphibische Gäste erwarte, fragte ein Spötter. Englisch sind auch dievielen exzentrischen Traditionen, deren Ursprung sich nur selten soeindeutig zurückverfolgen lässt wie der eines gewissen Katers Kaspar.
Kaspars Vorgeschichte begann 1898, als der südafrikanischeGeschäftsmann Joel Wolff im Savoy eine Dinnerparty mit 13 Gästen gab.Man warnte ihn vor der Unglückszahl, doch Wolff tat dies alsAberglauben ab. Ein paar Wochen später wurde er in seinem Büro inJohannesburg erschossen. Seitdem gibt es im Savoy keineGesellschaften von 13 Personen mehr. Als 14. sitzt in solchen Fällenimmer der Art Deco-Kater Kaspar mit einem eigenem Gedeck am Tisch.
Warum aber der Savoy Court vor dem Haupteingang die einzige StraßeEnglands mit Rechtsverkehr ist, dazu gibt es die unterschiedlichstenTheorien - und keine kann überzeugen. Es ist eben so.
Auch das Savoy muss mit der Zeit gehen. Bis vor ein paar Jahren war das Hotel stolz darauf, den Gästen im August die ersten beiden schottischen Moorhühner der Saison auftischen zu können, geliefert von einem livriertem Pagen auf einem Hochrad. Jetzt wird kein Aufheben mehr davon gemacht, denn viele Gäste sind gegen die Jagd. Aber noch immer muss man zum Afternoon Tea mit Jackett und Krawatte erscheinen. Das Savoy hat einst Bob Dylan, Minirock-Model Twiggy und Geraldine Chaplin weggeschickt, weil sie die Kleiderordnungmissachteten.
Informationen: Savoy Hotel, Strand, London WC2R 0EU, England (Tel.von Deutschland: 0044/20/78 36 43 43, Fax: 0044/20/72 40 60 40, E-Mail: [email protected]).