Sat.1 - Spiegel TV Reportage Sat.1 - Spiegel TV Reportage: «Die Soldatenmacher - Krieg im Frieden»
Berlin. - Er trägt einen Unterschenkel in seinen Händen. Er schreit, er weint. Die Soldaten wissen nichts mit ihm anzufangen. Sie nähern sich dem explodierten Auto. Sie sehen ein grausiges Bild: ein Toter, drei weitere Verletzte. Andere Zivilisten sind unversehrt, aber sie sind aufgelöst, schockiert. Sie behindern effektive Hilfe. Aber genau das ist die Aufgabe der Patrouille in diesem Moment.
Gut, dass es "nur" eine Übung ist. Ein Rollenspiel, das an der Infanterieschule im fränkischen Hammelburg inszeniert wird. Hier durchlaufen alle deutschen Soldaten die Vorbereitungen auf ihren Auslandseinsatz - z.B. für die SFOR ("Stabilization Force in Bosnia and Herzegovina"). Die Soldaten werden hier nicht nur auf den Ernstfall vorbereitet, sie spielen auch die Verwundeten und schlüpfen jeden Morgen aus ihren Uniformen in ihre Rollen. Sie sind dann Geiselnehmer, Attentäter, Provokateure. "Ich brauche einen Toten, einen Beinabriss, eine offene Rückenverletzung", sagt Ausbilder Stefan Wedlich zu seinen Rollenspielern. Der Unterfranke und Oberfeldwebel sagt das vergnügt: Er kennt die psychischen Belastungen. Und er weiß, dass sein frohes Gemüt ein guter Kontrast ist zu dem bedrückenden Bild, das er mit seinen Soldaten jeden Tag darstellt.
Endstation der Ausbildung ist ein weiteres Szenario in "Bonnland". 500 deutsche KFOR-Soldaten und 500 Rollenspieler stehen sich gegenüber. Der Kommandant muss die Lage in den Griff bekommen. Allen ist klar: Im Ernstfall wird niemand sagen: "Stopp, noch mal von vorne". Das Rollenspiel ist die Drohung vor der Wirklichkeit. Eine Spiegel TV Reportage von Bernd Gerrits.