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Sächsische Schweiz Sächsische Schweiz: Schummel auf Schloss Weesenstein

Von Hella Kaiser 20.10.2005, 15:57

Halle/MZ. - Natürlich läuft auf dem Marktplatz von Pirna so jetzt kein Mensch herum wie auf dem Gemälde von 1755. Aber die Kulisse, die den venezianischen Maler Bernardo Belotto, der sich wie sein berühmter Lehrer Antonio Canal mit dem Beinamen Canaletto schmückte, so faszinierte, ist noch immer da. Links das Rathaus mit seinen geschwungenen Renaissancegiebeln und dem fast zierlichen barocken Turm. Die runde Uhr daran, auf Belottos Gemälde mit viel Patina bewehrt, glänzt wieder Blau und Golden. Sie wurde 1999 restauriert.

Geradezu, Am Markt 17, blicken wir auf jenes Haus, dessen Giebelwand noch gotisch ist, aber schon Elemente der Renaissance in sich birgt. Um 1520 schon hatte es so ausgesehen, wie Belotto es über 200 Jahre später malte. Damals war die Fassade schmutzig grau, nun ist sie weiß und die Fensterrahmen bekamen eine rote Umrandung, so dass der Bau in seiner schlichten Schönheit noch besser zur Geltung kommt. Links hinter dem nun Canaletto-Haus genannten Gebäudes ragt der mächtige Turm der Stadtkirche St. Marien auf.

Aber Pirna hat ja nicht nur einen schönen Marktplatz. Da gibt's das Seilergässchen, die Schmiedestraße, die Schuhstraße und die Fleischergasse. An der Barbiergasse 10 hat eine Engelsfigur einen Erker auf die Schultern geladen, das Portal ziert ein Löwenkopf. Viel verblüffender aber sind die drei Teufel, die an der Oberen Burgstraße 1 auch einen Erker tragen. Die gesamte Altstadt Pirnas steht unter Denkmalschutz. 670 Gebäude wurden bei einer Bestandsaufnahme 1990 / 91 als sanierungswürdig eingestuft. 20 Jahre, so hieß es damals, würden die Restaurierungsarbeiten dauern und 300 Millionen Euro verschlingen. Zwei Drittel der Häuser sind jetzt fertig saniert oder werden gerade restauriert.

Der Weg zur Festung Sonnenstein hinauf heißt - natürlich - Canalettoweg. Von oben hat man einen herrlichen Blick auf Pirna. Aber Sonnenstein steht auch für die jüngere, traurige Geschichte. 1939 bauten die Nationalsozialisten einen Teil des Burggeländes zu einem Vernichtungslager um. 14 000 Menschen wurden hier bis 1941 ermordet. Seit dem Jahre 2000 erinnert eine ständige Ausstellung an diese schrecklichen Ereignisse.

So wollen wir nicht Abschied nehmen vom "Tor der Sächsischen Schweiz". Und deshalb machen wir noch schnell einen Abstecher zum Schloss Weesenstein. Erhaben liegt es auf einem Felsplateau über dem Müglitztal, halb Ritterburg, halb Barockresidenz. Mit einem Rundturm hatte um 1300 alles angefangen, und dann wurde in den folgenden Jahrhunderten nach unten hin erweitert, wie es gerade Mode war. Verschiedene Baustile - von Romanik bis Klassizismus - sind nun zu entdecken.

Originales Mobiliar aus dem 17. Jahrhundert ist noch zu sehen, sogar die ledernen Tapeten, die König Johanns von Sachsen einst anbringen ließ. In der barocken Schlosskirche, zwischen 1738 und 1741 gebaut, sieht man schöne Heiligenfiguren und marmorne Säulen. "Alles nur aus Holz", sagt der Führer. Sogar bei den ungezählten Fenstern dieser monströsen Schlossanlage wurde geschummelt. Ein Fünftel davon ist nur aufgemalt. Keine Attrappe ist der Barockgarten, auf den die Weesensteiner stolz sind.