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Roman Polanski will Auslieferung an USA anfechten

28.09.2009, 14:24

Bern/Paris/dpa. - Der in der Schweiz verhaftete Starregisseur Roman Polanski wird mit juristischen Mitteln gegen seine Auslieferung in die USA kämpfen. Polanski widersetze sich der Auslieferung, verkündete sein Anwalt Hervé Temime in Paris.

Ein in der Schweiz für den Regisseur arbeitender Verteidiger werde unverzüglich die Freilassung des 76-Jährigen beantragen - möglicherweise unter Auflagen. Zu einem späteren Zeitpunkt werde man dann gegen den Auslieferungsantrag vorgehen, teilte Temime mit. Polanski bedanke sich bereits heute herzlich bei all denjenigen, die ihn seit der Verhaftung unterstützt hätten.

Wenn Polanski sich mit der Auslieferung einverstanden erklärt hätte, hätte er im Rahmen einer «vereinfachten Auslieferung» wesentlich zügiger in die USA gebracht werden können. So muss es nach Schweizer Recht zu einem Auslieferungsverfahren kommen, das mehrere Monate dauern kann. In Bern hieß es dazu, eine Freilassung auf Kaution wäre möglich. Dazu gehöre aber die Auflage, dass Polanski nicht aus der Schweiz fliehe. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, dass er in seinem Ferienhaus in Gstaad im Berner Oberland unter Hausarrest gestellt werde.

Polen und Frankreich wollen sich außerdem gemeinsam bei den US-Behörden für seine Freilassung einsetzen. Ein Brief der Außenminister Polens und Frankreichs, Radoslaw Sikorski und Bernard Kouchner, werde derzeit zwischen den beiden Seiten abgestimmt, sagte der polnische Vize-Außenminister Jacek Najder dem Sender Radio ZET. Polanski, der die französische Staatsbürgerschaft besitzt und in Polen aufwuchs, war bei seiner Ankunft in der Schweiz wegen eines mehr als 30 Jahre zurückliegenden Sexualdelikts aufgrund eines US-Haftbefehls aus dem Jahr 2005 verhaftet worden. Sollte er ausgeliefert werden, droht ihm in einem Verfahren wegen Vergewaltigung einer 13-Jährigen im Jahr 1977 eine mehrjährige Haftstrafe.

Kouchner nahm zudem Kontakt mit seiner schweizerischen Amtskollegin Micheline Calmy-Rey auf und forderte einen schnellen «günstigen Ausgang» des Falls. Wie Sikorski am Vortag ankündigte, wollten sich die Außenminister an ihre amerikanische Amtskollegin Hillary Clinton wenden. Das Schreiben enthalte eine Bitte, US-Präsident Barack Obama solle die Anwendung des Begnadigungsrechts erwägen. Najder betonte, der Text des Briefes müsse «fehlerlos» sein, damit die Initiative überzeugend wirke und keine Ergänzungen erforderlich seien. Die Lage sein «außerordentlich schwierig», so Najder.

Sein Mandant stelle absolut keine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar, sagte der französische Anwalt Hervé Temime der Pariser Zeitung «Le Figaro». Auch der Schweizer Strafverteidiger Lorenz Erni wurde in den Fall eingeschaltet. Er war für eine Stellungnahme aber zunächst nicht zu erreichen. Am Sonntag hatte bereits der französische Prominentenanwalt Georges Kiejman Widerspruch gegen die Festnahme angekündigt.

Die Schweizer Justizbehörden hatten die Verhaftung nach Medienberichten präzise geplant. Nach einem Bericht des «Tages- Anzeigers» sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Los Angeles, Sandi Gibbons, die Zusammenarbeit mit der Schweiz sei ausgezeichnet gewesen, die Behörden hätten sich «sehr kooperativ» verhalten.

Nach einem Bericht der Zeitung «Blick» traf Polanskis Verteidiger Erni seinen Mandanten noch in der Nacht nach der Verhaftung. «Herr Polanski war sehr müde. Er wirkte gefasst, zugleich aber auch schockiert», sagte Erni der Zeitung. Polanski war in der Schweiz gekommen, weil er auf einem Filmfestival für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden sollte.

Vor allem aus der Filmszene gab es heftige Kritik. Dagegen beharrte die Schweizer Justiz auch darauf, dass sie rein rechtsstaatlich gehandelt habe und Polanski vor einer Auslieferung alle Rechtswege offenstünden. Der Regisseur kann gegen eine Auslieferungsentscheidung gerichtlich vorgehen. Eine Zustimmung zu einer formlosen Auslieferung, die das Verfahren beschleunigen würde, lehnte Polanski nach Angaben französischer Medien ab. Er hatte den Missbrauch der 13-jährigen Samantha Geimer gestanden, war aber 1978 aus den USA geflüchtet. Geimer hatte inzwischen vor Gericht ein Ende des Verfahrens gegen Polanski gefordert. Sie sehe sich als Opfer der Staatsanwaltschaft, die den Fall nicht ruhen lasse, hatte sie ihren Schritt begründet.

Die Verhaftung Polanskis in der Schweiz verwundert die Kommentatoren auch deshalb, weil der Regisseur ein Ferienhaus im Wintersportort Gstaad im Berner Oberland besaß, das er regelmäßig besuchte. Besonders die Grünen im Parlament sowie Künstlerkreise kritisieren das Vorgehen der Schweizer Behörden. Dagegen hatte die Schweizer Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Rechtsstaatlichkeit des Vorgehens unterstrichen. Sie verstehe auch nicht, dass Künstler, die sonst immer die Moral sehr hochhielten, in diesem Fall anders reagierten, sagte sie in den Medien.