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Richtiges Urteil, falsche Strafe

Von Christian Rath 20.12.2012, 19:27

KARLSRUHE/mz. - Der Prozess gegen den Wettpaten Ante Sapina und seinen Kompagnon Marijo Cvrtak muss teilweise wiederholt werden. Das entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Strafgericht. Gleichwohl: An den mehrjährigen Strafen dürfte sich am Ende nicht viel ändern.

Sapina war bekannt geworden, als er vor einigen Jahren den Bundesliga-Schiedsrichter Robert Hoyzer bestochen hatte. Hierfür war er 2005 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt worden. Nach Verbüßung der Haft wurde der Kroate aus Berlin aber rückfällig und stieg erneut ins Geschäft mit manipulierten Fußballspielen ein. Diesmal ging es vor allem um Spiele in Asien.

Pro manipulierter Partie strichen Sapina und Cvrtak bis zu 100 000 Euro Wettgewinn ein. Am Ende stand wieder eine Gefängnisstrafe. Das Landgericht Bochum verurteilte die beiden im Juni 2011 zu jeweils fünfeinhalb Jahren Haft. Das Gericht konnte ihnen Betrug in 22 Fällen nachweisen.

Gericht fordert Kronzeugenrabatt

Im Kern bestätigte der BGH das Bochumer Urteil gestern. An drei Punkten muss eine andere Kammer des Bochumer Landgerichts nun aber noch einmal nacharbeiten. So wurde nach Meinung der Karlsruher Richter Sapinas umfangreiches Geständnis nicht ausreichend gewürdigt. Er hätte einen deutlichen Kronzeugenrabatt erhalten müssen und nicht nur eine relativ milde Strafe innerhalb des Strafrahmens, erklärte der Vorsitzende BGH-Richter Norbert Mutzbauer.

Hintergrund: Sapina hatte der Polizei in rund 30 Vernehmungen umfangreiche, bisher unbekannte Informationen und wichtige Erkenntnisse zum illegalen Wettgeschäft geliefert.

Die Strafe für Sapina wird unter dem Strich dennoch nicht milder ausfallen. Denn zugleich beanstandete der BGH das Bochumer Urteil auch zulasten von Sapina. So hätten die Bochumer Richter zu Unrecht verneint, dass Sapina als Teil einer Bande gehandelt hat. Er habe bei den Manipulationen aber dauerhaft mit Mitarbeitern des englischen Wettanbieters Samvo zusammengearbeitet. Die Annahme einer Bande sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Gruppe bei der Verteilung der gemeinsam erzielten Gewinne dann gegenseitig übervorteilt habe.

Zulasten von Sapina geht auch, dass der BGH schon den bloßen Abschluss von Wettverträgen über manipulierte Spiele als vollendeten Betrug ansieht - und nicht erst die Auszahlung des so erzielten Wettgewinns. Schon der Abschluss einer unerkannt ungünstigen Wette führe zu einem wirtschaftlichen Wertverlust aufseiten der betroffenen Wettbüros, entschied jetzt der BGH.

Wie groß war der Schaden?

Allerdings muss der Schaden auch in solchen Fällen genau beziffert werden, forderte Karlsruhe, notfalls mit Hilfe von Sachverständigen. Hier setzte der BGH eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts aus einem anderen Fall um: Es genüge nicht zu sagen, dass irgendein Wertverlust eingetroffen ist.

In Karlsruher Kreisen wird nun mit Spannung beobachtet, ob das Bochumer Gericht einen Experten findet, der genauso viel von Fußball wie von Statistik versteht, um den Wertverlust manipulierter Wetten zuverlässig einschätzen zu können.