Rangelei mit dem viertem Schiedsrichter Rangelei mit dem viertem Schiedsrichter: Willi Reimann muss nach Aussetzer mit Anklage rechnen

Dortmund/dpa. - Zunächst spuckte er große Töne, dann gab er klein bei. Erst einen Tag nach seiner Rambo-Einlage gegen den 4. Schiedsrichter Thorsten Schriever kam Willi Reimann wieder zur Vernunft. Auf mildernde Umstände darf der Trainer von Eintracht Frankfurt dennoch nicht hoffen. Sein in der Bundesliga bisher einmaliger Ausraster während der 2:0-Niederlage seiner Mannschaft bei Borussia Dortmund wird ein juristisches Nachspiel haben. Dem Coach droht eine empfindliche Geldstrafe und im schlimmsten Fall sogar ein zeitlich begrenzter Lizenzentzug. «Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieses Verfahrens ziehe ich in Erwägung, eine mündliche Verhandlung zu beantragen», sagte Horst Hilpert, Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses, am Sonntag.
Schon unmittelbar nach der Partie schlugen die Wellen hoch. Noch im Westfalenstadion kündigte Schiedsrichter Hermann Albrecht einen Sonderbericht an, der bereits am Montag vorliegen soll. Danach wird der Kontrollausschuss dem Eintracht-Coach vermutlich noch Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben und entscheiden, ob Anklage erhoben wird. «Auf jeden Fall wird die Sache mit Hochdruck bearbeitet, denn Frankfurt spielt am Samstag ja schon wieder gegen 1860 München», meinte DFB-Mediendirektor Harald Stenger.
Nach den entlarvenden Fernsehbildern war vor allem der Frankfurter Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen um Schadensbegrenzung bemüht. Auf seine Initiative hin entschuldigte sich Reimann für seine viel diskutierte Missetat. «Ich war in dieser Situation sehr aufgeregt und der ganze Vorfall tut mir ausgesprochen leid. Ich entschuldige mich beim gesamten Schiedsrichter-Gespann», hieß es in einer vom Verein in aller Eile verbreiteten Erklärung. Trotz des Skandals sicherte Bruchhagen dem Trainer uneingeschränkte Solidarität zu: «Wir werden ihm mit allem, was wir haben, zur Seite stehen. Wir brauchen Willi Reimann im Abstiegskampf.»
Noch einen Tag zuvor war sich Reimann keiner Schuld bewusst gewesen und hatte die Rangelei in der 39. Minute der Partie als Lappalie abgetan: «Ich habe keine Tätlichkeit begangen. Im Vergleich zu HB-Männchen Matthias Sammer bin ich doch ein Waisenknabe. Da müsste ich eigentlich eine Medaille bekommen.» Was spaßig klang, war von Reimann durchaus ernst gemeint. Doch nicht der als «Feuerkopf» bekannte BVB-Trainer, sondern der ansonsten besonnene Reimann schlug über die Stränge.
Für die Eskalation weit außerhalb der Coaching-Zone, wo er seinem Ärger über die Gelb-Rote Karte für Abwehrspieler Henning Bürger (39.) Luft verschaffte, machte er Schriever verantwortlich. «Der vierte Schiedsrichter darf nicht Rambo spielen. Wenn ich berührt werde, ist das eine logische Abwehrreaktion.» Doch davon konnte nicht die Rede sein: Wie die TV-Bilder beweisen, verhielt sich der 4. Schiedsrichter korrekt.
Offensichtlich war die Frustgrenze von Reimann auch aus anderen Gründen weit überschritten. Denn seine zuletzt hoch gelobte Eintracht, die sich in einer bisher famosen Rückrunde aus der Gefahrenzone gekämpft hatte, präsentierte sich vor 80 500 Zuschauern im Westfalenstadion von Beginn an wie ein Absteiger. Nur der fahrlässigen Chancenauswertung der Borussen und der guten Form von Keeper Oka Nikolov war es zu verdanken, dass es bei den Gegentreffern von Ewerthon (23.) und Jan Koller (80.) blieb. Nach zuletzt drei sieglosen Spielen darf der finanziell angeschlagene BVB wieder auf das benötigte Zusatzgeschäft im UEFA-Cup hoffen.
Nicht nur der Blick auf die Tabelle machte Mut für die restlichen neun Spieltage. Erstmals seit Monaten bewies das schwarz-gelbe Starensemble vor heimischer Kulisse, was wirklich in ihm steckt und versöhnte die eigenen Fans mit ansehnlichem Kombinationsspiel. Doch schon eine Niederlage am kommenden Wochenende bei Hannover 96 könnte den wachsenden Glauben an die eigene Stärke im Keim ersticken. Deshalb hielt sich Manager Michael Meier mit euphorischen Urteilen zurück: «Im Prinzip sind wir kein Stück weiter. Aber zumindest können wir uns für eine Woche darüber freuen, wieder vor Schalke zu stehen.»