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Rangelei mit dem viertem Schiedsrichter Rangelei mit dem viertem Schiedsrichter: Urteil löst gegensätzliche Reaktionen aus

23.03.2004, 15:10
Der Frankfurter Trainer Willi Reimann, der von Schiedsrichter Hermann Albrecht auf die Tribüne geschickt wurde, geht vom Platz. (Foto: dpa)
Der Frankfurter Trainer Willi Reimann, der von Schiedsrichter Hermann Albrecht auf die Tribüne geschickt wurde, geht vom Platz. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Das geforderte Strafmaß für die Schiedsrichter-Attacke von Eintracht Frankfurts Trainer Willi Reimann hat bei Unparteiischen und Trainern gegensätzliche Reaktionen ausgelöst. «Wenn das Urteil so kommen sollte, müsste man es angesichts der Tatsache, dass Kehl sechs und Kruse zehn Wochen gesperrt wurden, dankend annehmen», empfahl Kollege Peter Neururer vom VfL Bochum. Der DFB-Kontrollausschuss hatte eine Strafe von fünf Spielen Innenraumverbot sowie 25 000 Euro beantragt.

Reimann hatte im Bundesligaspiel bei Borussia Dortmund (0:2) den vierten Schiedsrichter Thorsten Schriever (Otterndorf) zwei Mal geschubst. Die Hessen lehnten diesen Strafantrag jedoch ab, so dass es nun zur mündlichen Verhandlung an diesem Mittwoch (17.30 Uhr) vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kommt. Wegen ähnlicher Vergehen waren Sebastian Kehl von Borussia Dortmund im vergangenen Jahr und Ex-Profi Axel Kruse vor elf Jahren, damals in Diensten des VfB Stuttgart, mit sechs- und zehnwöchigem Spielverbot bestraft worden.

«Ein Fall wie der von Willi Reimann hat große Auswirkungen in den Amateurklassen», meinte unterdessen Schiedsrichter-Sprecher Manfred Amerell in einem Interview mit der «Stuttgarter Zeitung» (Dienstag- Ausgabe): «Solche Dinge sind tödlich.» Das Schaufenster Bundesliga sei ein Multiplikator für den Amateurbereich und sein soziales Umfeld. «Und Nachwuchs-Schiedsrichter sagen irgendwann: Das tue ich mir nicht mehr an», befürchtet der 57-jährige, der die Gefahr sieht, dass «es am Sonntag auf den Amateurplätzen reihenweise Nachahmeraktionen gibt».

Kraft Amt habe ein Trainer eine Vorbildfunktion, stellte der frühere Bundesliga-Referee fest, für den die Höhe der Strafe gegen Reimann «nicht wichtig» ist. Amerell befürchtet zudem Folgen für den vierten Schiedsrichter: «In Zukunft brauchen wir für den vierten Mann Bleiwesten, er muss 1,90 m groß sein, 90 Kilo schwer und die Ausbildung als Türsteher vor einer Discothek absolviert haben.»

Rückendeckung erhält Reimann dagegen vom Bund Deutscher Fußball- Lehrer (BDFL). «Es darf kein Exempel statuiert werden an einem Trainer, der sich nie etwas zu Schulden kommen ließ. Das Sportgericht hat keinen pädagogischen Auftrag», sagte BDFL-Präsident Horst Zingraf am Dienstag der dpa. Für den BDFL wäre eine Innenraumsperre oder ein befristetes Berufsverbot nur schwer hinnehmbar. «Eine Geldstrafe wäre angemessen», meinte Zingraf. Zuvor hatte auch schon Felix Magath, Coach des VfB Stuttgart und BDFL-Vizepräsident, für eine milde Strafe gegen seinen ehemaligen HSV-Weggefährten plädiert: «Man sollte hier ein Auge zudrücken.»

Die Definition «Tätlichkeit» ist für den BDFL-Präsidenten die zentrale Frage. «Schriever hat weder physisch noch psychisch Schaden genommen. Es war keine aggressive Handlung», sagte der 65-jährige Funktionär aus dem saarländischen Mandelbachtal. Vor jedem ordentlichen Gericht würde Reimann freigesprochen. «Das muss auch das Sportgericht berücksichtigen», forderte Zingraf.

Wenig differenziert urteilte der frühere FIFA-Referee Wolf-Dieter Ahlenfelder in der Münchner «Abendzeitung» (Dienstag-Ausgabe). «Wenn der Reimann mich so angefasst hätte, dann hätte ich ihm eine gepflastert. Der hätte eine zurückgekriegt. So ein Mann gehört doch auch nicht auf die Trainerbank», kritisierte der 60-jährige Oberhausener mit markigen Worten den Coach von Eintracht Frankfurt und nannte in diesem Zusammenhang auch Dortmunds Trainer Matthias Sammer: «Das sind ja nur Bekloppte, die da rumspringen, da muss ein Psychologe ran.»

Schiedsrichter Albrecht (l) und Willi Reimann (r) diskutieren über eine Gelb-Rote-Karte. (Foto: dpa)
Schiedsrichter Albrecht (l) und Willi Reimann (r) diskutieren über eine Gelb-Rote-Karte. (Foto: dpa)
dpa